Wenn etwas seltsam, komisch oder peinlich ist, nennt man dies in der Jugendsprache «cringe». Der Ausdruck wurde Ende Oktober durch ein Online-Voting bestimmt.
Von den Eltern in die Schule gebracht zu werden, kann schon ziemlich «cringe» sein. 1,2 Millionen User waren sich einig, dass der Ausdruck das aktuelle Jugendwort werden sollte. Die Wahl wird jeweils vom Langenscheidt-Verlag organisiert.
Nachdem früher eine Jury mit Erwachsenen für die Wahl verantwortlich war, geschieht dies heute durch ein Online-Voting von meist Jugendlichen auf der Homepage des Langenscheidt-Verlages.
Auf dem Podest landeten auch die Begriffe «sheesh» und «sus». «Sheesh» drückt Erstaunen oder Ungläubigkeit aus. Das Wort wird entweder vor oder nach dem Gesagten eingesetzt, um die Aussage dramatisch zu unterstreichen. «sus» ist die Abkürzung für «suspekt» Dies könnte man mit «auffällig» oder «verdächtig» übersetzen.
In den vergangenen Jahren sind «Lost» (2020) als ein Ausdruck der Ahnungslosigkeit und Ehrenmann/Ehrenfrau (2019) für einen freundlichen Menschen zu den Siegern erklärt worden. Gestartet hatte die Wahl 2008 mit dem Wort «Gammelfleischparty», welches einen U-30-Tanzanalass bezeichnet.
Danach waren der Kreativität keine Grenzen mehr gesetzt worden. Egal, ob man «am Fly sein» (wenn jemand besonders abgeht), Babo, Yolo oder Swag verwendete. Die Jugendsprache zeigte ganz klar, dass auch provokante und auf den ersten Blick sinnlose Redewendungen wie «I bims» (hallo, ich bins) begeistern können.
Während fünf Jahren wählte die Schweiz ihr eigenes Jugendwort. «Shaz», «hobbylos» «chills», «Mopfer» (Mix aus Mobbing + Opfer) und «s’beschte wos je hets gits» wurden damals als ideale Vertreter der jugendlichen Ausdrucksweise gekürt.
Läuft bei dir! Könnte man der Jugendsprache zurufen, denn das Interesse an den Begriffen ist nach wie vor riesig. Die Langenscheidt-Jury hat nur eine Regel aufgestellt: Die Ausdrücke dürfen nicht beleidigen, nicht diskriminieren oder sexistisch sein.
So hatten die Wörter «Alpha-Kevin» (der Chef der «Vollidioten») oder Speckbarbie (eine übergewichtige Frau in zu engen Kleidern) keine Chance auf den Siegerplatz. Das wäre dann ein epic Fail der Sonderklasse gewesen.
Spannende Wortschöpfungen waren beispielsweise auch «Gönnjamin» (jemand, der es sich in jeder Situation gut gehen lässt) oder «Smombie» (für Leute, welche auf den Handybildschirm starren und deshalb wie ein Zombie durch die Welt laufen. Smombie = Smartphone + Zombie). Sehr bildhaft ist beispielsweise auch «Zwergenadapter» als Ausdruck für einen Kindersitz «Axelfasching» für Haare unter den Armen oder «Emoji-Tourette» für jemanden, der exzessive beim Smartphone die kleinen bunten Bilder einsetzt.
Zum Dönerwetter nochmals. Das läuft nicht nur bei mir, sondern das galoppiert bei mir. Man darf bereits gespannt sein auf die kommenden Jugendwörter-Wahlen. Denn langweilig wird es bestimmt nicht. Alles andere wäre ziemlich «cringe», nicht wahr?
Von Hermann-Luc Hardmeier.