Die "offizielle" Wahl wurde durch den Verlag abgesagt.
Kommt 2019 nicht auf den Markt: Das Buch zum Jugendwort. |
Einmal im Jahr gehört die deutsche Sprache den Jugendlichen. Der Duden wird ordentlich aufgepimpt. Swag und Kreativität statt verstaubte Begriffe dominieren die Diskussion. «Yolo», «Babo» und «Ehrenmann/Ehrenfrau» waren nur einige der sprachlichen Mixturen, welche die Wahl des Jugendwortes in der Vergangenheit hervorgebracht haben.
Organisiert wurde die Wahl jeweils vom Langenscheidt-Verlag, der dazu gleich das passende Jugendslang-Lexikon namens «100 Prozent Jugendsprache» herausbrachte. Eine Mischung aus Wettbewerb, Spass, Pausenhof und Marketinggag, die sehr bekömmlich schmeckte.
Spannend war auch immer wieder, welche Wortkreationen es nicht aufs Podest schafften. Da war beispielsweise «Lauch», für einen Menschen, der nicht sonderlich muskulös ist, «Alpha-Kevin» für den König der Deppen oder der Ausdruck «Niveaulimbo», wenn die Messlatte für ein vernünftiges Gespräch ständig tief und tiefer gesetzt werden muss.
2019 jedoch wird den Sprachfans ein Strich durch die Rechnung gemacht. Die Wahl zum Jugendwort findet nicht statt. Schuld ist schlussendlich aber nicht nur Langenscheidt, sondern eine Umwälzung in der Verlagslandschaft. Und das kam so: Im Frühling hat der Pons-Verlag (gehört zur Klett-Gruppe) das Haus Langenscheidt aufgekauft bzw. übernommen. Der Zeitpunkt war für die Jugendwort-Abteilung unglücklich, denn das neue Lexikon war natürlich noch nicht fertig. Pons hat sich noch nicht entschieden, ob sie das Jugendslang-Nachschlagewerk weiterführen will und deshalb derzeit die Pausentaste gedrückt.
Online gibt es einige Seiten, die trotzdem zu einer Wahl aufrufen und Vorschläge entgegennehmen. Dabei ist beispielsweise das Wort "Gönnjamin» aufgetaucht. Ein Ausdruck für jemanden, der es sich gut gehen lässt und das Leben geniesst. Er «gönnt» sich des Öfteren auch den Besuch in einschlägigen Fastfood-Etablissements, feierte die Nacht durch und auch seine Brieftasche sitzt ziemlich locker. «Verchillt» und glücklich geht er durch den Tag. Ein «Gönnjamin» eben. Eins der Online-Votingportale wurde allerdings gehackt und die Organisatoren beendeten danach ihre Wahl.
Scheint fast so, als ob 2019 die Wahl unter einem schlechten Stern steht. So wirklich fehlen werden Begriffe wie «Gammelfleischparty» als Bezeichnung für eine Ü-30-Party oder «Speckbarbie» für eine dicke Frau in zu engen Kleidern zwar niemandem, aber trotzdem war es eine herrliche Gelegenheit, um über die Sprache nachdenken zu können. Man darf gespannt sein, ob 2020 der Pons-Verlag wieder grünes Licht gibt und Gönnjamin oder ein anderer Ehrenmann sodann vom Podest lächeln darf.
Von Hermann-Luc Hardmeier.