Die Berliner Band "The Baseballs" war am vergangenen Samstagabend in
Schaffhausen. Die drei Herren mit den Elvis-Frisuren sind derzeit auf
Europatournee. Frontmann Sam und die Sänger Basti sowie Digger hatten vor ihrem Auftritt in
der ausverkauften Kammgarn kurz Zeit für ein Interview. Wir sprachen mit ihnen
über Musik, ihr Erfolgsrezept und natürlich über Elvis Presley. Das Interview wurde von Hermann-Luc Hardmeier geführt.
Hermann-Luc Hardmeier: Hand aufs Herz - Wie lange braucht ihr am Morgen vor dem Spiegel für die perfekte Elvis-Locke?
Sam: Genau, ich würde ihn fragen, ob er Fragen hat. Wie die Zukunft so ist. (lacht).
Von Hermann-Luc Hardmeier.
Bild: The Baseballs auf der Bühne in Schaffhausen. (Foto: Phillip Schmanau, Interview: Hermann-Luc Hardmeier) |
Hermann-Luc Hardmeier: Hand aufs Herz - Wie lange braucht ihr am Morgen vor dem Spiegel für die perfekte Elvis-Locke?
Sam: Wir sind mittlerweile geübt und jeder hat seine eigene
Taktik. Föhn, Haarspray und Gel heissen die Zauberworte. In 10 bis 15 Minuten
ist alles fertig. Aber man findet immer ein Strähnchen, das nicht sitzt. Es
kann auch mal eine halbe Stunde gehen.
Hermann-Luc Hardmeier: Was verbindet ihr
mit Schaffhausen?
Digger: Wir verbinden damit immer nur Positives, wir waren
ja am Sommer schon am Stars in Town und sind generell sehr gerne in der
Schweiz. Wir haben uns beim Essen noch unterhalten und gewundert, warum wir im
schönen Club „Kammgarn" noch nie gewesen sind. Die Voraussetzungen für eine
coole und entspannte Show heute Abend sind auf jeden Fall gegeben.
Hermann-Luc Hardmeier: Euer Markenzeichen
ist der Rock’n’Roll und optisch die Nähe zu Elvis. Ist das echt oder ein
Marketinggag?
Digger: Wir sind dem Style von damals verfallen und haben uns
in Berlin anhand der Frisuren erkannt und gefunden. Wir hatten auch vor den
Baseballs alle in Bands gespielt, die etwas mit der Zeit von damals zu tun
hatten. Ich hatte vorher eine Bluesband. Sam spielte Elvis-Coversongs. Viele
Leute stellen sich das wie so eine Wissenschaft vor, dass man im stillen
Kämmerchen brütet, welche Marketingstrategie man fahren könnte, um Erfolg zu
haben. Wir sind Elvis-Fans der ersten Stunde.
Hermann-Luc Hardmeier: Vor euch gab es ja
bereits den Musiker Sascha, der als Dick Brave die Hitparade mit neu
aufgenommenen Rock’n’Roll-Songs stürmte und den Stil von damals kopierte. War
er ein Vorbild?
Digger: Klar. Das kann man auch nicht verschweigen. Wir
fanden seine Musik eine tolle Sache und dachten, das Einzige, was ihm fehlte,
war dieser Doo-Wop-Style aus den Sixties. Die Vocal-Arrangements mit Backings
und Pi-Pa-Po. Das haben wir dann ausprobiert, haben gejammt und mit Fail und
Trial etwas Eigenes kreiert. Erfreulicherweise konnten wir die Leute auf uns
aufmerksam machen. Wir haben ironischerweise auch die neuen Medien extrem gut
nutzen können und sind zu 95% für unseren Durchbruch selber verantwortlich. Das
ist etwas, was man gerne vergisst, wenn man über uns berichtet. Wir sind nicht
mit unserer Idee zu einer Plattenfirma gegangen und haben gesagt: Da sind wir,
bringt uns mal gross raus.
Sam: Es war tatsächlich extrem viel Herzblut dabei. Wir
wollten der Jugend diese Musik wieder näherbringen.
Hermann-Luc Hardmeier: Hat euch der
Erfolg in dem Fall überrascht?
Sam: Ja, total. Die Leute haben sich europaweit vom
Rock’n’Roll-Virus infizieren lassen. In den Charts von heutzutage, da ist ja
nicht mehr viel Handgemachtes dabei und es ist schön zu sehen, dass die
Radiostationen über ihren Tellerrand hinausgeschaut haben und uns
spielten. Etwas, was ehrlich und echt
klingt.
Basti: Als wir uns 2007 vor 10 Jahren gründeten, haben wir
niemals landesweit geschweige denn europaweit gedacht. Wir wären schon
zufrieden gewesen, wenn wir nicht immer in den klassischen Rock’n’Roll-Clubs gespielt
hätten. Wir haben dann 2009 den Umbrella-Song aufgegriffen, weil der einfach
auf der Hand lag als weltweite Nummer 1. Er eignete sich einfach perfekt dazu,
um ihn als Rock’n’Roll-Version zu spielen. Das war der erste Song überhaupt, den wir
probiert hatten und wir hatten Timing-mässig einfach ein riesiges Glück gehabt.
Dass das dann so einschlägt, damit war nicht zu rechnen. Das kann man nicht
planen.
Hermann-Luc Hardmeier: Der Song eignete
sich perfekt. Was muss denn ein Song haben, damit ihr ihn mit dem Baseball-Twist
verseht und ihn in euer Repertoire aufnehmt?
Basti: Wir probieren einfach alles aus. Der erste Antrieb
ist natürlich, dass man Songs nimmt, die Erfolg haben und die Leute kennen.
Derzeit schiessen überall die 90er-Jahre Partys wie Pilze aus dem Boden. Alle
Leute hören Britney Spears und Everybody auf den Partys. Wir wollten auf dieser Welle mitreiten und die Energie jener Zeit mit dem Rock'n'Roll kombinieren. Deshalb haben wir für
unser aktuelles Album „Hit me Baby..“ die 90er-Jahre-Songs ausgewählt, um sie
zu „verrock’n’rollisieren“. Dann geht’s in den Proberaum und wir schauen, was geht
und was nicht. Manchmal tüfteln wir auch lange an einem Lied und lassen es
wieder fallen, wenn das gewisse Etwas fehlt. Es gibt nicht ein Grundgeheimnis
für die Baseballs-Meganummer.
Hermann-Luc Hardmeier: Habt ihr es in dem
Fall nie bereut, dass ihr euch auf „nur“ eine Musikrichtung spezialisiert habt?
Digger: Rock’n’Roll ist sehr vielseitig. Insofern haben wir
nicht ein Problem, dass wir eingeschränkt sind. Wir lieben diesen Sound und
stehen dazu. Man würde ja jetzt auch nicht Metallica fragen, ob sie HipHop
machen wollen. Wir können uns schon ausleben und fühlten uns nie limitiert.
Basti: Wir sind seit Kindesbeinen Rock’n’Rollfans. Das
kannst du gar nicht wegbringen.
Sam: Wir versuchen ja aus den unterschiedlichsten Sparten
Songs zu nehmen und in Rock’n’Roll umzuwandeln. Von da her sind wir relativ
vielseitig. Wir haben beispielsweise „Candy Shop“ von 50 Cent genommen. Da
hätte wohl auch nie jemand gedacht, dass das funktionieren kann. Wir haben es
geschafft und solche Dinge sind die grossen Herausforderungen für uns.
Hermann-Luc Hardmeier: Elvis ist euer
Vorbild. Wenn es irgendwann via Zeitreise möglich wäre, ihn zu besuchen. Was
würdet ihr ihn fragen?
Sam: Ich weiss gar nicht, ob ich ihn etwas fragen würde…
Basti: Du kennst seinen Lebenslauf eh auswendig.Sam: Genau, ich würde ihn fragen, ob er Fragen hat. Wie die Zukunft so ist. (lacht).
Aber schlussendlich
würde ich einfach gerne mit ihm abhängen, mit ihm jammen und mit ihm sein
Erdnuss-Butter-Bananen-Sandwich essen. Das wäre mein Traum.
Hermann-Luc Hardmeier: Elvis war ja auch
ein riesiger Frauenheld. Wie sieht das bei euch aus?
Digger: Wir haben uns kennen gelernt, als wir uns alle auf
der Bühne schon ein wenig die Hörner abgestossen hatten. Wir alle haben das
früher genossen, dass man auf der Bühne einen gewissen Status hat. Ich würde
sagen, dass wir mittlerweile ein sehr erwachsenes Leben auf der Bühne führen.
Klar gibt es einmal hier ein Flirt und da ein Flirt aber wir sind nicht auf der
Bühne, um uns ein Mädel für die nächste Nacht zu suchen. Das schaffen wir auch
rein körperlich gar nicht mehr. (lacht)
Sam: Das ganze 50er-Jahre-Image, da spielt man natürlich ein
wenig damit. Die Mädels im Publikum mit den Petticoats wissen, wie das damals
bei Elvis war. Wenn man auf die Knie fällt, dann kreischen sie. Auch wenn sie es selber nicht sehr erregend finden.
Digger: Vielleicht rufen sie auch nur einen Krankenwagen und
wir missinterpretieren diese Rufe.
Hermann-Luc Hardmeier: Letzte Frage: Wie
muss die Show heute sein, damit ihr zufrieden seid?
Sam: So lange wir ins Publikum schauen und lachende
Gesichter sehen, sind wir glücklich. Da kannst du gar nicht anders, als zu
feiern. Es ist ein Geben und Nehmen. Je mehr die Leute mitgeben, desto mehr
fordern sie uns heraus mehr zu geben und wir freuen uns, wenn alle mit uns eine
grosse Party feiern.
Digger: Wir messen den Erfolg der Show mehr an der Reaktion
des Publikums als an unseren eigenen Leistungen. Das trägt uns seit 10 Jahren
und wir denken, das merken die Zuschauer.