Gestern Abend lud der Schaffhauser Leichtathlet Marco Kern bereits zum 8. Mal seine Supporter und Sponsoren nach Schaffhausen zu seinem alljährlichen Apéro ein. Rund 50 Gäste erschienen im Trendlokal Koch&Kellner an der Rheinpromenade beim Eurofit in Schaffhausen. Gemeinsam mit ihnen blickte Marco Kern auf das vergangene Jahr zurück, in welchem seine Verletzungsserie ihren Höhepunkt nahm.
Und so hat Marco Kern auf das Jahr zurückgeblickt und präsentierte seine Neuausrichtung:
Marco Kern:
Obwohl geprägt von Verletzungen, war nicht alles negativ in der vergangenen Saison. Nach meinem ersten Post-Cup-Podest Ende 2014 (Rang 3), zwei sehr guten Trainingslagern in Vittel (F) und Stellenbosch (Rsa), dem ersten Schweizer Meistertitel im Kurzcross sowie dem erfolgreichen Abschneiden im Team an den Deutschen Cross Meisterschaften, lief es eigentlich sehr positiv hinsichtlich Sommersaison.
Verletzung Nr. 1
Doch leider spürte ich schon bei den beiden Cross-Läufen, dass im Beckenbereich nicht alles okay war. Eine MRI-Untersuchung ergab Mitte März, dass ich mir erneut die Vorstufe eines Ermüdungsbruchs im Becken zugezogen hatte. Dieses Mal am Schambein. Es folgte eine mehrwöchige Laufpause in der eigentlich wichtigen Wettkampfvorbereitungsphase. Mit enormem Therapieaufwand und Alternativtraining fand ich Ende April und Anfang Mai wieder den fast gewohnten Trainingsrhythmus. Erste Aufbauwettkämpfe liefen gut, doch rückblickend gesehen, muss ich mir eingestehen, dass ich nie komplett beschwerdefrei war. Trotzdem konnte ich laufen und wahrscheinlich wegen meiner sehr guten muskulären Verfassung eine erneute Verletzung vorerst kompensieren. Ich lief bei meinem ersten 1500m der Saison eine 3:48.09 Minuten, womit ich so schnell war, wie seit knapp vier Jahren nicht mehr. Auch in der Schweiz war mit Jan Hochstrasser nur ein Läufer schneller. Eigentlich gute Vorzeichen für eine erfolgreiche Sommersaison.
Verletzung Nr. 2 und Saisonende
Doch es kam anders und vorerst ohne weiteren Wettkampf. Vier Tage später konnte ich nach meinem Abschlusstraining für das Schweizer Meisterschaftsrennen über 3000m Steeple nicht mal mehr auslaufen, so stark waren die Schmerzen auf einmal. Es folgte die schwierigste Phase für mich in diesem Jahr. Mit meinem Medicalteam versuchten wir die Schmerzen zu behandeln. Doch es verbesserte sich nicht und so entschied ich nach vier Wochen voller Ungewissheit eine erneute MRI-Untersuchung vornehmen zu lassen. Herauskam die für mich gravierende Diagnose eines zweifachen Ermüdungsbruchs: einmal vorne am Schambein und einmal hinten am Kreuzbein. Die Saison war damit zu Ende bevor sie richtig losgegangen war.
Und nicht nur das. Nach eingehender Ursachenforschung zusammen mit meinem Arzt entschied ich gemeinsam mit ihm und meinem Trainer das Projekt "3000m Steeple" zu beenden. Der Grund ist folgender: die anatomischen Voraussetzungen meiner Beckenstellung sind nicht geeignet fürs Hürdenlaufen. Bei mir haben die Bewegungsabläufe beim Überqueren der Hürden, insbesondere mit der seitlichen Abspreizbewegung des Beins, zu sehr am Becken "gerissen". Diese Überlastungsverletzungen in meinem Becken seit März 2014 sind also über die Dauer und die Regelmässigkeit dieser Abläufe im Training sowie in den Wettkämpfen entstanden. Mit dieser Erkenntnis und den Überlegungen, die ich in den vergangenen Wochen zusammen mit meinem Trainer- und Medicalteam gemacht habe, ist für mich klar, dass ich dieses Verletzungsrisiko nicht weiter eingehen will. Soviel zur Analyse in Kurzfassung.
Neuorientierung auf die Langstrecken
Diese einschneidende Entscheidung birgt für mich aber vor allem eine grosse Chance für eine Neuorientierung. Ich werde mich ab jetzt und langfristig auf die Langstrecken konzentrieren. Dies ist für mich sowie für mein Umfeld die logische Entwicklung und ich freue mich und bin gespannt auf einen neuen Abschnitt als Läufer. Konkret planen wir nächsten Sommer mein Debut über die 5000m. Der Fokus wird aber kommende Saison noch stärker auf den 1500m liegen. Das Ziel für nächsten Sommer wird sein, verletzungsfrei durchzukommen. Ein sauberer Wiederaufbau ist jetzt wichtig und ich lasse mir Zeit dabei. Momentan geht es mir ganz gut und ich kann wieder schmerzfrei laufen. Bis ich aber entsprechendes Trainingsniveau erreicht haben werde, werden noch einige Wochen vergehen.
Neues Supporter Logo
Deswegen komme ich auch weg von meinem bisherigen Projekt "Amsterdam 2016" um zum ersten Mal seit der Gründung des Supporter Clubs ein projektfreies Supporter-Logo zu führen. Ich will meine hohe Zielsetzung (EM Amsterdam 2016) anpassen und mit Rückblick auf die beiden langwierigen Verletzungen in den letzten beiden Jahren ist es mit Stand heute schwierig, die bisherigen Zielsetzungen beizubehalten. Dennoch bleibt für mich klar bestehen: ich will Europameisterschafts-Niveau erreichen. Dies ist der logische nächste Schritt auf meiner Karriereleiter. Die Zukunft wird zeigen, wofür die letzten Monate gut waren. Aber ich bin überzeugt, dass wenn ich mit den nun gewonnenen Erkenntnissen weiterarbeite und mir die nötige Zeit eingestehe, dann werde ich früher oder später auch meine nächste Zielstufe erreichen. Ich bin heute motivierter denn je, fühle mich zuversichtlich und bin voller Lust viele Jahre weiterzulaufen. Es ist das Laufen, was ich am liebsten tue. Deswegen habe ich mich auch entschieden, bis sicher nach 2020 weiterzuplanen. Und auch danach muss noch nicht zwingend Schluss sein. Ich hoffe natürlich sehr, dass ihr liebe Supporter, Sponsoren und Fans mich auch in den nächsten Jahren weiterhin so grossartig unterstützen werdet. Mit eurer Unterstützung macht ihr es möglich, dass ich mich auch in Zukunft auf den Sport konzentrieren kann. Herzlichen Dank!
Rückblick auf meine Erfolge über 3000m Steeple
Schweizermeister 2012, 2013, 2014
6. Rang Universiade in Kazan (Rus) 2013
8. Rang Team-Europameisterschaften in Dublin (Irl) 2013
Bestzeit: 8:46.92min erzielt in Dessau (D) 2013
An dieser Stelle gilt mein grosser Dank den Baumeistern dieser Erfolge, Beat Ammann und Daniel Rahm. Sie beide haben mein Potential auf dieser Disziplin erkannt und sehr viel ihrer Freizeit in meine Förderung investiert. Auch wenn wir nun die Erkenntnis gewonnen haben, dass meine Voraussetzungen dafür ungeeignet sind, sind es die positiven Erlebnisse und Erfolge, die ich mitnehme in meine läuferische Zukunft.
Quelle: marcokern.ch - Foto: Beat Hochheuser
Marco Kern Supporter und Sponsoren Apéro im Koch und Kellner Schaffhausen |
Marco Kern:
Obwohl geprägt von Verletzungen, war nicht alles negativ in der vergangenen Saison. Nach meinem ersten Post-Cup-Podest Ende 2014 (Rang 3), zwei sehr guten Trainingslagern in Vittel (F) und Stellenbosch (Rsa), dem ersten Schweizer Meistertitel im Kurzcross sowie dem erfolgreichen Abschneiden im Team an den Deutschen Cross Meisterschaften, lief es eigentlich sehr positiv hinsichtlich Sommersaison.
Verletzung Nr. 1
Doch leider spürte ich schon bei den beiden Cross-Läufen, dass im Beckenbereich nicht alles okay war. Eine MRI-Untersuchung ergab Mitte März, dass ich mir erneut die Vorstufe eines Ermüdungsbruchs im Becken zugezogen hatte. Dieses Mal am Schambein. Es folgte eine mehrwöchige Laufpause in der eigentlich wichtigen Wettkampfvorbereitungsphase. Mit enormem Therapieaufwand und Alternativtraining fand ich Ende April und Anfang Mai wieder den fast gewohnten Trainingsrhythmus. Erste Aufbauwettkämpfe liefen gut, doch rückblickend gesehen, muss ich mir eingestehen, dass ich nie komplett beschwerdefrei war. Trotzdem konnte ich laufen und wahrscheinlich wegen meiner sehr guten muskulären Verfassung eine erneute Verletzung vorerst kompensieren. Ich lief bei meinem ersten 1500m der Saison eine 3:48.09 Minuten, womit ich so schnell war, wie seit knapp vier Jahren nicht mehr. Auch in der Schweiz war mit Jan Hochstrasser nur ein Läufer schneller. Eigentlich gute Vorzeichen für eine erfolgreiche Sommersaison.
Verletzung Nr. 2 und Saisonende
Doch es kam anders und vorerst ohne weiteren Wettkampf. Vier Tage später konnte ich nach meinem Abschlusstraining für das Schweizer Meisterschaftsrennen über 3000m Steeple nicht mal mehr auslaufen, so stark waren die Schmerzen auf einmal. Es folgte die schwierigste Phase für mich in diesem Jahr. Mit meinem Medicalteam versuchten wir die Schmerzen zu behandeln. Doch es verbesserte sich nicht und so entschied ich nach vier Wochen voller Ungewissheit eine erneute MRI-Untersuchung vornehmen zu lassen. Herauskam die für mich gravierende Diagnose eines zweifachen Ermüdungsbruchs: einmal vorne am Schambein und einmal hinten am Kreuzbein. Die Saison war damit zu Ende bevor sie richtig losgegangen war.
Und nicht nur das. Nach eingehender Ursachenforschung zusammen mit meinem Arzt entschied ich gemeinsam mit ihm und meinem Trainer das Projekt "3000m Steeple" zu beenden. Der Grund ist folgender: die anatomischen Voraussetzungen meiner Beckenstellung sind nicht geeignet fürs Hürdenlaufen. Bei mir haben die Bewegungsabläufe beim Überqueren der Hürden, insbesondere mit der seitlichen Abspreizbewegung des Beins, zu sehr am Becken "gerissen". Diese Überlastungsverletzungen in meinem Becken seit März 2014 sind also über die Dauer und die Regelmässigkeit dieser Abläufe im Training sowie in den Wettkämpfen entstanden. Mit dieser Erkenntnis und den Überlegungen, die ich in den vergangenen Wochen zusammen mit meinem Trainer- und Medicalteam gemacht habe, ist für mich klar, dass ich dieses Verletzungsrisiko nicht weiter eingehen will. Soviel zur Analyse in Kurzfassung.
Neuorientierung auf die Langstrecken
Diese einschneidende Entscheidung birgt für mich aber vor allem eine grosse Chance für eine Neuorientierung. Ich werde mich ab jetzt und langfristig auf die Langstrecken konzentrieren. Dies ist für mich sowie für mein Umfeld die logische Entwicklung und ich freue mich und bin gespannt auf einen neuen Abschnitt als Läufer. Konkret planen wir nächsten Sommer mein Debut über die 5000m. Der Fokus wird aber kommende Saison noch stärker auf den 1500m liegen. Das Ziel für nächsten Sommer wird sein, verletzungsfrei durchzukommen. Ein sauberer Wiederaufbau ist jetzt wichtig und ich lasse mir Zeit dabei. Momentan geht es mir ganz gut und ich kann wieder schmerzfrei laufen. Bis ich aber entsprechendes Trainingsniveau erreicht haben werde, werden noch einige Wochen vergehen.
Neues Supporter Logo
Deswegen komme ich auch weg von meinem bisherigen Projekt "Amsterdam 2016" um zum ersten Mal seit der Gründung des Supporter Clubs ein projektfreies Supporter-Logo zu führen. Ich will meine hohe Zielsetzung (EM Amsterdam 2016) anpassen und mit Rückblick auf die beiden langwierigen Verletzungen in den letzten beiden Jahren ist es mit Stand heute schwierig, die bisherigen Zielsetzungen beizubehalten. Dennoch bleibt für mich klar bestehen: ich will Europameisterschafts-Niveau erreichen. Dies ist der logische nächste Schritt auf meiner Karriereleiter. Die Zukunft wird zeigen, wofür die letzten Monate gut waren. Aber ich bin überzeugt, dass wenn ich mit den nun gewonnenen Erkenntnissen weiterarbeite und mir die nötige Zeit eingestehe, dann werde ich früher oder später auch meine nächste Zielstufe erreichen. Ich bin heute motivierter denn je, fühle mich zuversichtlich und bin voller Lust viele Jahre weiterzulaufen. Es ist das Laufen, was ich am liebsten tue. Deswegen habe ich mich auch entschieden, bis sicher nach 2020 weiterzuplanen. Und auch danach muss noch nicht zwingend Schluss sein. Ich hoffe natürlich sehr, dass ihr liebe Supporter, Sponsoren und Fans mich auch in den nächsten Jahren weiterhin so grossartig unterstützen werdet. Mit eurer Unterstützung macht ihr es möglich, dass ich mich auch in Zukunft auf den Sport konzentrieren kann. Herzlichen Dank!
Rückblick auf meine Erfolge über 3000m Steeple
Schweizermeister 2012, 2013, 2014
6. Rang Universiade in Kazan (Rus) 2013
8. Rang Team-Europameisterschaften in Dublin (Irl) 2013
Bestzeit: 8:46.92min erzielt in Dessau (D) 2013
An dieser Stelle gilt mein grosser Dank den Baumeistern dieser Erfolge, Beat Ammann und Daniel Rahm. Sie beide haben mein Potential auf dieser Disziplin erkannt und sehr viel ihrer Freizeit in meine Förderung investiert. Auch wenn wir nun die Erkenntnis gewonnen haben, dass meine Voraussetzungen dafür ungeeignet sind, sind es die positiven Erlebnisse und Erfolge, die ich mitnehme in meine läuferische Zukunft.
Quelle: marcokern.ch - Foto: Beat Hochheuser