Mittwoch, 29. Juli 2015

Paléo Nyon - Festival jenseits des Röstigrabens

Das Paléo Musikfestival bei Nyon am Genfersee ist mit seinen 270'000 Besuchern über 7 Festivaltage hinweg das grösste Openair der Schweiz - trotzdem kennt man das Festival hier in der Deutschschweiz wenig. Die meisten hier in Schaffhausen haben vielleicht schon mal davon gehört oder kennen zumindest den Namen flüchtig - aber schon einmal dort gewesen sind die wenigsten. Schuld dürfte ein Mal mehr der Röstigraben sein - und vielleicht auch ein bisschen die Distanz, dabei reist man mit dem Zug von Schaffhausen aus bequem mit einem Mal Umsteigen in Zürich in etwas mehr als drei Stunden ans Paléo, das ist bei einer Zugfahrt mit schöner Aussicht sehr gut verkraftbar.
Paleo 15 - Dieses Jahr fand das vierzigste Paléo Musikfestival in Nyon statt
Die verschiedenen Openairs unterscheiden sich von der Stimmung her ziemlich stark. Auf dem Southside Festival bei Neuhausen Ob Eck in Deutschland - ca. 45 Autominuten von Schaffhausen entfernt - ist primär junges Publikum anzutreffen, es werden Trinkspiele gespielt, viele kommen in irgendwelchen Verkleidungen daher um aufzufallen etc. Es handelt sich so ziemlich um eine viertägige Dauerparty - wobei die exzellenten Konzerte mit viel Indie Rock dem geneigten Besucher natürlich viel Freude bereiten. Anders verhält es sich am Paléo in Nyon. Hier ist der Altersdurchschnitt deutlich höher, es kommen häufig ganze Familien mit Kindern und Grosseltern, verkleidete Jugendlich die Aufmerksamkeit auf sich lenken wollen sucht man vergeblich.
Das Publikum beim Paléo ist gemischt, der Altersdurchschnitt verhältnismässig hoch
Beim Eingang vom Festival wird auch nichts ausser dem Ticket kontrolliert. Hat man ausserhalb ein Bier gekauft, so kann man mit diesem problemlos in den Festivalbereich eintreten. Rucksäcke oder gar Hosen- und Jackentaschen werden nicht kontrolliert. Genau gleich locker geht es drinnen weiter. Während etwa am Southside ausser Tetrapacks alles verpönt ist, kann man beim Paléo Nyon sogar 0.75 Liter Weinflaschen aus Glas auf Festivalgelände kaufen. Nicht selten läuft es wohl so ab, dass die ältere Generation den Festivaltag mehrheitlich mit einem guten Wein und Raclette auf der Festbank verbringt, während die Nachkommen Konzerte schauen gehen. Ganz allgemein wird hier viel Wert auf ein gutes Essensangebot gelegt. Vermutlich müssen die Stände dem Paléo-Vorstand (Präsident des Festivals ist übrigens der Stadtpräsident von Nyon)  erst mal ein Probeessen servieren, bevor sie ihren Essensstand am Festival aufschlagen können. Jedenfalls wartet eine kulinarische Köstlichkeit neben der anderen - und die Vielfalt des Angebotes ist mit 210 Imbissständen und 54 Bars schier unendlich. Jedes Jahr gibt es noch ein besonderes Thema im Village du Monde, diesmal Essen aus dem fernen Osten mit Speisen aus Ländern wie Japan, Südkorea und Nordkorea, Kambodscha, Vietnam und Malaysia. Aber auch traditionelle Angebote lockten überall - und dieses hier sollte wohl alle Vegetarier verschrecken ;-).
Nichts für schwache Vegetariernerven - hier wird grad das ganze Schwein gegrillt
Auch die musikalische Vielfalt bei den Konzerten ist durchaus reichhaltig. So ist für jeden Geschmack etwas dabei. Gestartet wurde am Montag mit Headliner Robbie Williams, welcher in Gedenken an Freddie Mercury doch gleich mal Bohemian Rhapsody von Queen in voller Länge performte - und dies gar nicht mal schlecht. Wenn also Adam Lambert mal keine Zeit hat, könnten Queen auch durchaus mal mit Robbie auf Tour gehen.



Auch Fans von Reggae kamen auf ihre Kosten, der Donnerstag stand ganz im Zeichen der jamaikanischen Musik, hier performte namentlich Anthony B am Paléo.



Wer sich noch an die Dancemission CDs aus den 90ern erinnern kann, dem ist bestimmt auch Faithless ein Begriff - und ja, die gibt es immer noch und sie "leiden" nach wie vor an Insomina.



Wer mehr auf Electroswing steht, kommt mit Caravan Palace voll auf seine Kosten...



Neben den grossen Bühnen gibt es auch kleine Zelte, bei denen es allerlei noch nicht so bekannte Bands zu entdecken gibt. Aufgetreten sind hier etwa One Sentence. Supervisor aus Baden.
One Sentence. Supervisor aus Baden am Paléo 2015 in Nyon
Wer in das Konzert von One Sentence. Supervisor am Paléo 2015 in Nyon hineinschauen möchte, kann das hier tun:



Weitere grosse Namen am Paléo 2015 waren etwa Sting, David Guetta, Robert Plant, Charlie Winston, Johnny Hallyday oder Kings of Leon. Das Festival kann einzelne Tage besucht werden oder man nimmt einen Komplettpass für alle sieben Tage. Dann bietet sich einem jeweils die Möglichkeit, vor dem Festivalbesuch noch die wunderschönen Gegend rund um den Genfersee auszukundschaften. In etwa einer Stunde kann man Montreux erreichen. Montreux ist so schön, dass sich auch schon Freddie Mercury himself hier niedegelassen hat. Eine Statue zeugt noch heute davon und Daniel Preisigs geliebte Plattform im Wasser ist hier auch schon Realität geworden.
Freddie Mercury Statue Montreux - Lover of Live, Singer of Songs
Queen Sänger Freddie Mercury verbrachte seine letzten Lebensjahre in Montreux. Seine letzten Aufnahmen wurden ebenfalls im Queen Studio in Montreux am Genfersee gemacht, wo auch das CD-Cover für das Made in Heaven Album entstand, welches Freddie Mercurys überlebensgrosse Statue in der Dämmerung zeigt.
Die Freddie Mercury Statue in Montreux zeigt ihn in bekanner Konzertpose
Das Queen Aufnahmestudio befand sich übrigens im Casino von Montreux - und genau dort befindet sich heute die Queen Studio Experience - Mercury Phoenix Trust Attraktion, zu der man durch den normalen Eingang des Casinos Montreux gelangt.
Im Casino de Montreux befindet sich auch die Queen Studio Experience
In der Queen Studio Experience kann man ein paar ganz besondere Leckerbissen auch Brian Mays Privatarchiv begutachten sowie diverse Outfits, Instrumente und Requisiten der Queen Band.
Queen Studio Experience Montreux - Casino
Als besonderes Highlight kann man im Queen Studio Montreux am Mischpult auch gleich selbst noch Hand anlegen und abmischen. Zur Wahl stehen zwei verschiede Queen Songs, bei denen man die Lautstärke der verschiedenen Instrumente und Stimmen regeln kann. Im Einführungsvideo rät Queen Schlagzeuger Roger Taylor dazu, die Drums möglichst laut zu drehen, während Brian May darauf hinweist, dass ein zu lautes Schlagzeug jedes Lied kaputt machen würde - Britischer Humor vom Feinsten, das sollte man sich nicht entgehen lassen.
Im Queen Studio in Montreux kann man selbst Hand anlegen und abmischen
Das Casino Montreux ist weiträumig und schick - hier gibt's auch leckere Mojitos
Noch etwas näher als Montreux liegt Genf, welches man von Nyon aus mit dem Zug in etwa 15 Minuten erreichen kann. Wenn es nicht zu fest windet, kann man die Jet d'eau Fontaine bewundern. Dass Genf sehr international ist merkt man spätestens dann, wenn man in Café statt auf Französisch auf Englisch gefragt wird, was man denn gerne bestellen würde...
Jet d'eau in Genf - bei zu viel Wind wird der Hahn zugedreht
Gleich gegenüber von Nyon befindet sich das wunderschöne Yvoire, welches mit dem Schiff in ein paar Minuten zu erreichen ist. Hier sollte man Euronen im Gepäck haben, da sich Yvoire bereits auf Französichem Staatsgebiet befindet.
Yvoire liegt in etwa gegenüber von Nyon auf der anderen Seite des Genfersees
Nyon selbst ist natürlich auch ganz hübsch anzusehen. Wenn man ein bisschen sucht, findet man sogar noch Überbleibsel aus der Römerzeit.
Römische Säulen in Nyon
Im Übrigen ist Nyon bekanntlich auch der Sitz der UEFA. Für Touristen gibt es hier jedoch wenig zu sehen, man wirkte dort fast überrascht, als wir einen Besuch abstatteten. Zu Betrachten gibt es drinnen ein paar Pokale und das war's dann auch schon - kann man, aber muss man nicht unbedingt gesehen haben.
Der Sitz der UEFA ist in Nyon - zu sehen gibt es für die Touristen wenig
Das UEFA Gebäude in Nyon ist von aussen ziemlich cool, potentieller Bond Schauplatz
Auf jeden Fall einen Besuch wert ist im Übrigen noch der Teilchenbeschleuniger CERN bei Genf, dazu gibt es hier einen ausführlichen Bericht auf Schaffhausen.net.
Den Teilchenbeschleuniger CERN bei Genf sollte man sich nicht entgehen lassen
So, das war eine kleine Tour d'Horizon für das Paléo Rahmenprogramm am Tag. Natürlich gibt es aber auch auf dem Paléo Gelände selbst noch viel zu entdecken. Hier noch ein paar Eindrücke.
Diesen Teil des Paléos bezeichne ich gerne als Terminator City ;-)
Aschenbecher, die keine sind... Je ne suis pas un cendrier
Ich verrate es Ihnen für das halbe éclair
Dieses Konstrukt am Paléo nenne ich mal Techno City
Auf keinen Fall verpassen: Die Milkshakes vom Swiss Milk Stand am Paleo
Na dann - vielleicht hat ja jetzt der eine oder andere Schaffhauser auch mal Lust auf's Paléo bekommen - um mit Karl-Theodor von und zu Guttenbergs Worten zu sprechen: Es lohnt sich! ;-)



Text, Fotos und Videos: Beat Hochheuser für Schaffhausen.net

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