Dienstag, 26. Mai 2015

SEVEN Interview - BackFunkLoveSoul - Plattentaufe

Am Samstag, 16. Mai 2015, fand die Plattentaufe von BackFunkLoveSoul, dem brandneuen Album von SEVEN mit einer 14-köpfigen Band im ausverkauften Volkshaus in Zürich statt. Im Rahmen des Events konnte ich vor dem Konzert noch ein Interview mit SEVEN führen, bei dem es neben dem neuen Album auch um seine äusserst erfolgreiche make SEVEN dance Aktion im Hauptbahnhof Zürich ging, von der das YouTube Video innert 6 Tagen schon über 200'000 Views hatte.
SEVEN - BackFunkLoveSoul Plattentaufe Volkshaus - Beat Hochheuser
Beat Hochheuser: Dein neues YouTube Video "Nobody Wants to Dance with Real People" von deiner Aktion "make SEVEN dance" im Hauptbahnhof Zürich hat in nur 6 Tagen über 200'000 Views erreicht. Wie bist du auf die Idee gekommen und wie lief der Umsetzungsprozess ab von der Idee bis zur Realisation?

SEVEN: Das Projekt entstand in Zusammenarbeit mit Samsung und das ganze spielte sich am 10. April 2015, dem Releasetag des neuen Galaxy S6 Smartphones, im Zürich HB ab. Ich arbeite seit vier Jahren mit Samsung sehr gut zusammen und es ist aussergewöhnlich, dass eine grosse Firma sich so stark mit einem Musiker identifiziert. Ich komme da immer wieder mit so komischen Ideen und sie finden diese Ideen cool. Sechs Tage später kam mein neues Album BackFunkLoveSoul heraus und somit passte das natürlich optimal. Dann haben wir zusammen die Idee für mein neues Lied "Nobody Wants to Dance" entwickelt. Es geht darum, dass die Schweizer etwas zurückhaltend sind und zu wenig tanzen. Innerhalb von 10 Tagen haben wir die Idee aus dem Boden gestampft, abgeklärt was man alles dafür zusammenbauen muss usw. Das wurde alles nur für diesen einen Tag im Hauptbahnhof gebaut und danach wieder zerlegt. Die Aktion hat extrem viel Spass gemacht und es haben unglaublich viele Leute mitgemacht. Ich dachte, es machen vielleicht 50 bis 100 Menschen mit und wir müssten dann die einzelnen Personen beim Zusammenschneiden recht lange zeigen. Schlussendlich waren es etwa 400 verschiedene Tanzeinlagen, die wir verwenden konnten.



Beat Hochheuser: Wie lange hast du denn im Hauptbahnhof getanzt?

SEVEN: Die ganze Aktion ging acht Stunden mit drei 45-minütigen Pausen, da ich auch mal etwas essen und trinken musste. Es war brutal anstrengend, aber auch mega cool und ich würde es jeder Zeit wieder machen. Draussen lief das Lied "Nobody Wants to Dance" in einer Endlosschleife. Für mich war das aber nichts Schlimmes, da hinsichtlich des Entstehungsprozesses eines Liedes acht Stunden praktisch nichts ist. Da hört man zum Teil zig Duzend Mal immer nur die gleichen vier Takte. Die eigene Musik so lange im Repeat zu hören, ist also kein Problem.



Beat Hochheuser: Haben die Leute gemerkt, dass du dich direkt hinter dem Screen befunden hast?

SEVEN: Es ist genau um das gegangen, dass die Leute auf die Plattform gegangen sind und tanzen und auf dem Screen kopiert eine Person – in diesem Falle jetzt ich – ihre Moves. Im ersten Moment haben die meisten gerätselt, wie das funktioniert, ob es eine App ist, ob es animiert ist oder ob es vorgefertigte Videos sind, bei denen der ähnlichste abgespielt wird. Wir haben die Aufnahmen sehr stark technisiert, so dass man das Gefühl hatte, es sei in einer Matrix. Wir haben einen sehr starken Kontrast verwendet und in 4K gefilmt, so dass alles so richtig brillant ausgesehen hat. Wenn man so ein perfektes Bild sieht, kommen viele nicht gleich darauf, dass ich direkt hinter dem Screen stand, obwohl dies ja eigentlich das Naheliegenste wäre. Es sah aber alles aus, als wenn es bearbeitet worden wäre und darum dachten viele, es seien vorbereitete Videos, die zuvor in einem grossen Studio aufwendig aufgenommen worden sind. Ich glaube, das war auch der Reiz daran, dass die Leute nicht genau gewusst haben, wie das Ganze funktioniert. Dann bleibt man länger stehen und überlegt, wie es geht und probiert es vielleicht auch selber aus. Am Schluss der Blöcke bin ich jeweils aus der kleinen Box nach vorne zu den Leuten herausgekommen und das war immer ein geiler Moment.



Beat Hochheuser: Es war ja wahrscheinlich nicht so einfach vorauszusehen, wie die Leute im Zürich HB reagieren werden. Haben sie sich so verhalten, wie du es erwartet hattest?

SEVEN: Ich dachte zuerst, dass das Schneiden ein Horror wird, weil zu wenig Personen mitmachen. Ich hätte nicht mal halb so viele Leute erwartet, wie mitgemacht haben. Schlussendlich hatten wir jetzt viel zu viel Material und die Qual der Wahl. Neben dem Musikvideo gibt es noch 16 Full-Clips in meinem YouTube-Kanal, wo man die sechzehn speziellsten und unterschiedlichsten Tanzeinlagen in voller Länge sehen kann. Auch diese einzelnen Sessions werden auf YouTube erstaunlich viel angesehen. Diese vollen Sessions zeigen auch ein bisschen besser, wie es wirklich abgelaufen ist im Hauptbahnhof.

Beat Hochheuser: Welche Tanzeinlage hat dir am besten gefallen?

SEVEN: Es gab sehr viele sehr gute Tänzer, es gab so viele verschiedene Bewegungen, wir hatten schräge Sachen und komische Einlagen bis hin zu Pantomimen. Der kleine Nevio mit seiner Bauchrolle hat mich umgehauen. Zudem kam ein Rollstuhlfahrer und drehte sich im Rollstuhl auf der Tanzfläche. Dann plötzlich stand er auf und hat zwei Minuten getanzt und setzte sich danach komplett erschöpft wieder in seinen Rollstuhl und fuhr davon. Wir standen nur noch mit offenem Mund da. Der ist mir wirklich eingefahren, weil das extreme Überwindung braucht. Es haben zu dieser Zeit etwa 150 bis 200 Leute zugeschaut und er fuhr mit seinem Rollstuhl zur Tanzfläche und stand dann auf. Alle Leute guckten komisch. Das hat sich sehr beeindruckt, weil man dafür wirklich Mut braucht.



Beat Hochheuser: Du fällst immer wieder durch interessante Marketing-Ideen auf. Was hast du da schon alles gemacht?

SEVEN: Bei diesem Album habe ich im Dezember 2014 und Januar 2015 Partys gecrashed. Die neue Platte ist für mich ein back to the roots Album. Vor 13 Jahren habe ich meinen ersten Song auf Vinyl geschnitten und habe diesen selbst den DJs vorbeigebracht. Das war früher üblich und man hat das so gemacht. Der DJ ist der Mann auf der Kanzel, wenn er es spielt, kennen es nachher mehr Leute und wenn er es nicht spielt, ist das nicht gut. Beim Radio hatte man damals eh keine Chance ohne Namen und mit R&B Musik. Beim neuen Album habe ich es jetzt wieder wie vor 13 Jahren gemacht. Ich habe auch wieder eine Vinylplatte geschnitten und habe sie 2014 den DJs vorbeigebracht. Recht viele von ihnen hatten nicht mal mehr einen Plattenspieler und fragten sich, wieso jetzt der SEVEN da ist und ihnen eine Platte vor beibringt. Das war alles sehr lustig und wir haben es auch alles auf Video aufgenommen.

Zudem bin ich früher mit einem DJ an R&B Partys gegangen. Er hat ein Halfplayback aufgelegt und ich habe live gesungen und das alles ohne dass das Publikum vorher wusste, dass es an der Party überhaupt einen Liveact geben wird. Genau das habe ich jetzt 13 Jahre später beim aktuellen Album auch wieder gemacht. Natürlich kennen die Leute mich jetzt, da ist die Überraschung noch grösser und es hat eine etwas andere Ausstrahlung, aber die Idee ist im Prinzip immer noch die selbe. Ich gehe dort hin, wo die Leute schon bereit sind, die entsprechende Musik zu konsumieren und schon am Tanzen sind. Man muss sich dort beweisen, die Leute kennen diese Musikrichtung und sind wählerisch, von dem her ist es nicht so einfach. Aber wenn man dort überzeugen kann, kann man auch wieder neue Leute gewinnen. Von dem her war es eine gute Aktion und vor allem auch eine Wundertüte, weil wir keine Ahnung hatten, wie es ankommen wird. Der Vorhang geht auf und vielleicht haben die Leute Freude, vielleicht nicht, vielleicht fühlt sich jemand beim Flirten gestört - du weisst nie was passiert. Schlussendlich ist es aber immer gut herausgekommen und es hält einen auch frisch, wenn man Sachen macht, wo nicht alles penibel geplant werden kann.
SEVEN live an der BackFunkLoveSoul Plattentaufe im Volkshaus in Zürich
Beat Hochheuser: Was war die verrückteste Marketingaktion, die du gemacht hattest?

SEVEN: Beim letzten Album haben wir Zürich maskiert. Wir hatten zehn verschiedene Grössen von Masken-Aufklebern, die ich und 15 Kollegen in einer Nacht auf die Gesichter von Werbeplakaten geklebt haben. Da wir alle Grössen im Gepäck hatten, konnten wir auf so ziemlich jeden Kopf die passende Maske kleben und haben das bei etwa 800 Plakaten gemacht. Das war eine sehr lustige Aktion. Zunächst wusste niemand, wer es gewesen ist, das haben wir erst später aufgelöst. Im Nachhinein haben wir natürlich eine Anzeige bekommen und mussten auch eine Busse bezahlen. APG war am stärksten betroffen, aber sie haben sich mega cool verhalten. Die ganze Aktion war nachher auch überall in den Medien und wir hatten zwei Mal eine Titelstory mit dieser Geschichte, wo ja dann die Plakate auch abgebildet waren, von dem her hatten APG und die werbenden Firmen auch etwas davon. Es gäbe aber sicher auch andere Firmen, die einen trotzdem in die Pfanne gehauen hätten, aber APG hatte schnell gemerkt, dass es für sie gar nicht so schlimm war. Natürlich konnten sie es aber nicht ungestraft durchgehen lassen, sonst hätte es ja am Folgetag der nächste gemacht. Wir haben uns dann noch mit APG getroffen und eine gute Lösung gefunden, die Busse mussten wir aber trotzdem bezahlen - aber das war immer noch günstiger als die Titelseiten gekostet hätten.



Beat Hochheuser: Jetzt müssen wir aber auch mal noch über dein neues Album BackFunkLoveSoul sprechen, denn darum geht es ja schliesslich heute an der Plattentaufe. Mit dem neuen Album gehst du zurück zu deinen Wurzeln. Vorher hattest du bei jedem Album einen neuen Stil bzw. ein neues Genre gewählt. Wieso hattest du genau jetzt, nach 13 Jahren, die Idee, wieder zu deinen Wurzeln zurückzukehren?

SEVEN: Ich habe diese musikalische Reise gebraucht, um herauszufinden, was alles für Zutaten vorhanden sein müssen, um mein Lieblingsgericht zu kochen. Bei meinem zweiten Album habe ich mit einer Bigband zusammengearbeitet und dabei gemerkt, dass für mich Bläser extrem wichtig sind, um meinen kompletten Sound zu verbinden. Danach habe ich viel mit Elektronikern und anderen Produzenten zusammengearbeitet, um von diesen zu lernen. Ich habe ein komplettes Album im Amerika aufgenommen um herauszufinden, wie die Produzenten dort die Sachen machen, die ich liebe. Ich wollte neue Sachen lernen und erkennen, wieso gewisse Dinge dort anders tönen als meine und wie sie das machen. Ausserdem habe ich mit einem Orchester zusammengearbeitet, um zu schauen, wie man etwas orchestriert und wie man Streicher am besten aufnimmt, damit es geil tönt. Zudem habe ich unplugged gearbeitet um herauszufinden, wie man ohne elektrische Hilfsmittel arrangiert und wie man z.B. einen Klavierflügel aufnimmt, damit das nachher geil tönt. Bei meinem letzten Album kam dann noch das Element Rock dazu, bei dem ich gemerkt habe, dass für mich eine elektrische Gitarre eigentlich viel wichtiger ist, als ich es mir bewusst war. Wenn ich mir meine alten Lieblingsscheiben anhöre, Funk aus den 70er Jahren, P-Funk, dann bekommt dort die elektrische Gitarre viel Platz. Das habe ich bei meinem letzten Album für mich entdeckt, vor allem dann auch live. Bei meinem neuen Album habe ich alle Zutaten, die ich auf meiner Reise kennen gelernt habe, bereit gehabt, um wieder einmal mein Lieblingsmenü zu kochen, ohne mir neue Sachen anzueignen. Man hört auch alle Stationen beim neuen Album heraus, jede Zutat, die ich mir angeeignet habe, ist drin.
SEVEN live im Volkshaus - BackFunkLoveSoul - Plattentaufe - Zürich
Beat Hochheuser: Ist das neue Album dein Lieblingsalbum?

SEVEN: Das neuste ist immer das beste Album. Wenn du etwas machst, gibst du in diesem Moment dein Bestes und wenn es dann fertig ist, dann ist es das Beste was du in diesem Moment geben kannst. Zu diesem Zeitpunkt ist es dir am nächsten. Wenn ich in drei Jahren dann hoffentlich wieder ein Album fertig haben werde, wird das dann mein Lieblingsalbum sein. Das ist alles sehr Zeitpunktabhängig und wie ein Tagebucheintrag, welcher beschreibt, wie man gerade zu der betreffenden Zeit ist. Das neue Album ist aber sicher von der Art und Weise, von der Stilrichtung, vom Text und auch wie es rüberkommt mit Abstand am nächsten am Mensch Seven dran. Ich werde mittlerweile in meinem Leben nicht mehr so viel suchen, ich bin ein bisschen angekommen und gelassener als früher. Ich bin glücklich zuhause, meine Band gefällt mir so gut, dass ich Niemanden auswechseln will. Dies gibt einem auch die Möglichkeit, brutal ehrlich zu sein. Das Album hat mehr Ecken und Kanten und es ist viel kaltschnäuziger als alles andere, was ich bis jetzt gemacht habe. Ich bin gelassen und wenn es jemandem nicht passt, dann gefällt es demjenigen halt nicht. Es war mir sehr wichtig, dass man das auch wirklich spürt. Ich habe einfach gesagt, hier ist es, take it or leave it.
SEVEN - BackFunkLoveSoul - Plattentaufe Volkshaus Zürich
Beat Hochheuser: Viele Bands kommen bei neuen Auftritten mit immer noch mehr Special Effects, Screens, Lichtshows, Tänzerinnen und weiteren Showelementen. Was hälst du von dieser Entwicklung und in welche Richtung geht es bei dir?

SEVEN: Meine Jungs sind seit heute Morgen am Aufbauen. Wir haben einen eigenen Bühnenbau und haben viel Licht dabei sowie bewegliche Bühnenelemente, die hoch- und runterfahren können. Die Show ist mir brutal wichtig, aber nicht auf Kosten von der Musik. Die Show muss die Musik unterstützen, sie darf nicht ablenken. Wenn man ein Solo geil inszenieren kann, in dem z.B. der Saxophonist auf der Bühne hinauffährt und dort oben sein Solo spielen kann, finde ich das super. Aber wenn es tausend Screens auf der Bühne gibt und die Leute im Publikum gar nicht mehr wissen, wo sie hinschauen sollen, dann finde ich es eigentlich wie fast schade, überhaupt so gute Musiker dabei zu haben. Ich investiere bei einem Konzert in erster Linie in erstklassige Musiker und wenn man ökonomisch denken würde, habe ich natürlich mit 13 Musikern viel zu viele dabei. Aber es ist mir schon wichtig, diese im absolut optimalen Licht zu präsentieren. Show, Ablauf und Regie zu arrangieren mache ich fast am liebsten und das ist ein wichtiger Teil eines Konzertes. All diese Elemente sollten aber nur unterstützen und nicht übermalen.
Seven Plattentaufe Volkshaus Zürich - BackFunkLoveSoul Album
Beat Hochheuser: Letzte Frage, am Anfang einer Karriere macht ein Musiker so ziemlich alles noch selbst. Wie ist das bei dir beim neuen Album, wie stark bist du beispielsweise bei der Album-Grafik oder bei Musikvideos involviert?

SEVEN: Ich mache immer noch alles selbst ;-). Wo SEVEN drauf steht ist auch SEVEN drin. Facebook, Instagram und Twitter mache ich komplett alleine. Zudem schreibe und produziere ich die Musik alleine. Wenn ich eine Idee für die Grafik zu einem Album habe, habe ich schon eine ziemlich gute Vorstellung davon und überlege mir, welcher Grafiker der Richtige für die Umsetzung dieser Idee wäre. Dann gehe ich mit dieser Idee zum Grafiker und erläutere ihm, wie ich es mir vorstelle. Die Umsetzung muss dann der Grafiker machen, ich selbst bin nun mal kein Grafiker sondern Musiker. Da ich mittlerweile schon mit vielen Leuten zusammenarbeiten durfte, habe ich die Möglichkeit, für jede Idee die richtige Person zu finden. Genauso ist es auch bei der Musik. Beim neuen Album wusste ich, was ich für eine Art von Album machen möchte und hatte Ideen für Songs im Kopf. Somit wusste ich, dass Beni, mit dem ich das Album zusammen gemacht habe, der richtige Partner sein wird um den Spielplatz zusammen zu bauen. Ich bin besser, wenn ich mit anderen Leuten zusammenarbeite, aber ich muss derjenige sein, welcher bestimmt, sonst geht es nicht.
SEVEN - Plattentaufe Zürich - Volkshaus - BackFunkLoveSoul
 Bericht, Interview und Fotos: Beat Hochheuser für schaffhausen.net

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