Freitag, 13. Februar 2015

Schaffhausen: Poetry Slam Tonight

Heute im TapTab ist wieder einmal Poetry Slam mit einer "Open List".

Bildquelle: TapTab.ch

Eine alte Weisheit lautet: Nach dem Open List Slam ist vor dem Open List Slam – offen sind Liste und Bühne. Öffne deinen Mund, dein Hirn, dein Herz, deine Kutteln – und: slamm!

Unter: philip.vlahos@hotmail.com kann man sich noch bis kurz vor Veranstaltungsbeginn anmelden..

Die Poetry-Slam-Reihe des TapTabs ist wie immer mitmachtechnisch schön niederschwellig angelegt: Die Liste ist offen. Du kannst dich ganz einfach und auch kurzfristig noch einklinken – und bist gleich live dabei! Daneben kommen Spoken-Word-Künstler aus dem ganzen deutschen Sprachraum, um mit gegen den Strich gebürsteten Silben Staunen, Gelächter, Fear and Loathing, Raunen, das Geräusch von den Augen fallender Schuppen, Arsch- und Bartkratzen auszulösen. Dem Sieger/der Siegerin gebühren Ruhm, Ehre – und eine Flasche Whisky. Ab dafür!

Und: Nach dem Slam ist vor der Aftersause – ausklingen tut die Nacht mit Soul-Trap, Footwork, Bass und Grime von Muhandis.

Wir wünschen viel Spass und freuen uns!

Update:
Hier ist der Bericht über die Veranstaltung. Erschienen in der Zeitung "Schaffhauser Nachrichten" von Hermann-Luc Hardmeier:

Ein Berner Rapper besiegt Goethe

Von Hermann-Luc Hardmeier

Stunde der Newcomer: Am Openliste-Poetry-Slam im TapTab gab es am Freitagabend viel frischen Wind.

„Ein Poetry Slam ist nicht wie das Konzert deiner Lieblingsband“, sagte Eddy Renard, der im TapTab als Moderator auf der Bühne stand. „Man kann nicht erwarten, dass einem alles gefällt, aber ein bis zwei Texte flashen und überraschen mich jedes Mal. Das ist das Schöne an dieser Kunst.“

Zwölf Wortakrobaten am Start

Am Freitagabend standen zwölf Wortakrobaten und Poeten bereit, um das Publikum im TapTab zu beeindrucken. Wie üblich an den Slams hatten die Teilnehmer fünf Minuten Zeit, um einen selbstgeschriebenen Text vorzutragen. Die Zuschauer bewerteten danach mit Tafeln von eins bis zehn die Darbietung und hievten drei Wortkünstler ins Finale. Der Sieger durfte sodann den Pokal in Form einer Flasche Whisky entgegennehmen. Den Anfang machte Fitim Lutfiu, der sich über die Dating-Apps lustig machte. Er beschrieb eine erfundene Geschichte, in welcher er sich als Frau ausgab und perverse Angebote von Lüstlingen auf der App namens Tinder bekam. Mit einem fetzigen Rap über die Tücken der Schweizer Immigrationspolitik folgte Kay Wieauchimmer. Ein gewagtes Experiment unternahm Manu Alexander: Er hatte keinen Text vorbereitet, sondern erzählte frisch von der Leber weg von einem Blinddate in Hamburg und Bremen, bis die fünf Minuten um waren. Jennifer Unfug ärgerte die Aussage eines Rappers, dass die Kunst des Reimens der Männerwelt vorbehalten sei. Sie zeigte in ihrem Text, dass Rap durchaus Frauenpower beinhaltet. Es folgten Texte von einem Schwarzfahrer, der in einer Klinik für Samenspenden landete, ein philosophischer Text über die Denkzentrale im menschlichen Kopf und ihrer Auswirkungen auf die Schule, ein englischer Rap, Tipps für die Sanierung der morbiden Staatsfinanzen, eine Anklage gegen den Kapitalismus und ein Berner Oberländer, der über seine Integrationsprobleme als einziger Ausländer des Dorfes berichtete.

Humor kommt nicht zu kurz

Unter den Slammern waren einige Newcomer, die das erste Mal an einem Poetry Slam auftraten. Das brauchte viel Mut und wurde vom Publikum mit guten Bewertungen und viel Applaus quittiert. Viele Texte waren nachdenklich, doch auch der Humor kam nicht zu kurz. Patrick Armbruster beschwerte sich ironisch über die Fasnächtler. Er bezeichnete sie als „bunt vermummte Audio-Terroristen“ und holte damit als erster das Punktemaximum. Ebenfalls mit Höchstnoten wurde ein Herr beurteilt, der sich als Lord Ben Goethe vorstellte. Er gab sarkastische Tipps für den Valentinstag und beschrieb das gnadenlose Schicksal eines Romeos, der sich zu spät um das Valentinstags-Geschenk seiner Julia gekümmert hatte. Kay Wieauchimmer, Patrick Armbruster und Lord Ben Goethe schafften es ins Finale. Dort hatte der erstgenannte die Nase vorne. Kay hat sich übrigens seit sechs Jahren der Reimkultur verschrieben und gewann den vorletzten Slam. Mit einer Mischung Gesellschaftskritik und Elementen aus dem Gedicht Erlkönig hatte der Berner einen Rap gezimmert, der die Konkurrenz an die Wand schmetterte. „Heute Morgen hätte ich niemals gedacht, dass ich den Whisky nach Hause nehmen werde“, sagte er glücklich nach seinem Sieg und teilte das Getränk an der Afterparty mit den anderen Poeten.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung "Schaffhauser Nachrichten" am 16. Februar 2015.