Donnerstag, 1. Mai 2014

Kernstück fotografieren und Foto verkaufen - legal?

Heute gibt's mal wieder eine neue Folge von "Recht und Unrecht in Schaffhausen", der Reihe auf dem Schaffhausen.net Blog, bei der von Lesern eingesendete Rechtsfragen von einem Rechtsanwalt beantwortet werden. Die heutige Frage kommt von einem Schaffhauser Künstler. Er schickte uns folgende Frage ein, die wir gleich im Anschluss beantworten, vielen Dank dafür!

"Wenn ich das Kunstwerk "Kernstück" im Schauweckergut beim Salzstadel in Schaffhausen fotografiere, kann ich diese Aufnahmen dann für Arbeiten von mir (z.B. einen Fotoband) verwenden und diese - ohne eine Genehmigung dafür einholen zu müssen - verkaufen? Oder ist dies nicht zulässig bzw. habe ich Abgaben zu bezahlen, da es nicht ein von mir geschaffenes Kunstwerk ist?"
Das Kernstück in Schaffhausen. Es steht im Schauweckergut beim Salzstadel.
Zunächst bleibt einmal festzuhalten, was jeder eigentlich instinktiv richtig weiss: Für den Eigengebrauch bzw. eine nicht kommerzielle Nutzung darf man grundsätzlich jedes Kunstwerk fotografieren. Beispielsweise auch in einem Museum (sofern nicht durch das Museum selbst - sprich durch die Hausordnung verboten). Dies ergibt sich aus Art. 19 URG (Urheberrechtsgesetz des Bundes):

Art. 19 Abs. 1 URG:
Veröffentlichte Werke dürfen zum Eigengebrauch verwendet werden. Als Eigengebrauch gilt:
a. jede Werkverwendung im persönlichen Bereich und im Kreis von Personen, die unter sich eng verbunden sind, wie Verwandte oder Freunde;
b. jede Werkverwendung der Lehrperson für den Unterricht in der Klasse;
c. das Vervielfältigen von Werkexemplaren in Betrieben, öffentlichen Verwaltungen, Instituten, Kommissionen und ähnlichen Einrichtungen für die interne Information oder Dokumentation.

Soweit, so gut. Nun geht die Frage des Künstlers aber weiter. Er möchte das Foto, welches er vom Kernstück gemacht hat, nicht nur in seine private Fotosammlung aufnehmen, sondern er möchte es gewinnbringend verkaufen, beispielsweise als Teil eines Fotobandes über Schaffhausen.

Die entsprechende Regelung findet sich ebenfalls im Urheberrecht, nämlich in Art. 27 URG:

Art. 27 Abs. 1 URG:
Ein Werk, das sich bleibend an oder auf allgemein zugänglichem Grund befindet, darf abgebildet werden; die Abbildung darf angeboten, veräussert, gesendet oder sonst wie verbreitet werden.

Treffer, der Künstler darf also sein Foto des Kernstücks "veräussern", was so viel wie verkaufen bedeutet.

Nicht zutreffend wäre diese Regelung, wenn das Kunstwerk nur vorübergehend und somit nicht auf unbestimmte Zeit am betreffenden Ort aufgestellt werden würde. Wenn also der Künstler beispielsweise auch noch die farbigen Bänklein, welche im Sommer 2013 in der Stadt Schaffhausen aufgestellt waren, in seinen Fotoband aufnehmen wollte, so wäre diese Voraussetzung nicht erfüllt.
Farbiges Bänklein aus der Sommeraktion 2013 von Pro City Schaffhausen
Die Bänklein sollten von Anfang an nur von Mai bis Oktober 2013 in der Schaffhauser Altstadt aufgestellt werden. Somit standen sie zwar auf allgemein zugänglichem Grund, jedoch war das Aufstellen der Bänklein von Anfang an nur für sechs Monate geplant und somit nicht "bleibend" im Sinne des Bundesgesetztes über das Urheberrecht. Es müsste eine entsprechende Bewilligung beim Rechteinhaber eingeholt werden, welche dieser ggf. mit einer Gebühr verbinden könnte.

Für Zeitungen und dergleichen besteht übrigens bei der Berichterstattung über aktuelle Ereignisse eine weitere Lockerung des Urheberschutzes, welche sich in Art. 28 URG findet:

Art. 28 Abs. 1 URG:
Soweit es für die Berichterstattung über aktuelle Ereignisse erforderlich ist, dürfen die dabei wahrgenommenen Werke aufgezeichnet, vervielfältigt, vorgeführt, gesendet, verbreitet oder sonst wie wahrnehmbar gemacht werden.

Antwort von Rechtsanwalt Beat Hochheuser, Schaffhausen
In der Serie "Recht und Unrecht in Schaffhausen" werden regelmässig Rechtsfragen unserer Blogleser behandelt. Die aktuelle Frage zur kommerziellen Nutzung von Fotografien dauerhaft öffentlich ausgestellter Werke wurde vom Schaffhauser Rechtsanwalt Beat Hochheuser beantwortet. Weitere Fälle und Lösungen finden sich auch im Recht-Blog.

Die Ausführungen sind auch für eine juristisch ungeschulte Leserschaft zugeschnitten und loten aus diesem Grund freilich nicht alle sich stellen Problemfelder aus. Auf Hinweise zu unterschiedlichen Meinungen in Lehre und Rechtsprechung wird aus diesem Grund hier mit Absicht verzichtet.

Da es sich um Regelungen aus einem Bundesgesetz handelt, gelten die Erläuterungen  nicht nur für Schaffhausen, sondern für die ganze Schweiz. Vielen Dank für die vielen neuen Fragen und Themenvorschläge, welche eingereicht wurden. Wir werden sie nach und nach hier behandeln. Wunschthemen für künftige Ausgaben bitte wie immer per Email.

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