Der Schaffhauser Kinokomplex "Kinepolis" wurde im Dezember 2000 eröffnet und so ziemlich jeder Schaffhauser dürfte schon einmal dort gewesen sein. Geschäftsführer Lorenz Koch gab Schaffhausen.net die Möglichkeit, einmal hinter die Kulissen des Kinos zu schauen - ein Angebot, das wir natürlich gerne angenommen haben. Lorenz Koch ist bereits seit 1. Februar 2009 Geschäftsführer - und somit schon jetzt der am längsten amtierende Geschäftsführer, den das Kinepolis Schaffhausen je hatte. In seine Zeit fallen viele wichtige Innovationen wie zum Beispiel die Einrichtung von 3D-Sälen (3 Stück), der komplette Umstieg von der Analog- zu Digitalprojektion, die Rennovation des Parkplatzes und die Neugestaltung der Homepage. Trotzdem ist Lorenz des Schaffens noch nicht müde und so hat er gerade alle acht Säle mit neuen Sitzbezügen ausgestattet.
|
Die Kinosessel im Kinepolis Schaffhausen sind neu schwarz und nummeriert |
Mit einem scharfen Auge erkennt man auf obigem Bild, dass die Kinosessel im Kinepolis neu nummeriert sind. Dies hat mit einer weiteren Neuerung zu tun, welche ab der Vorführung am kommenden Montagabend in Kraft tritt. Ab Montag werden die Sitze platzgenau verkauft und dies sowohl online auf
kinepolis.ch sowie auch an der Kinokasse im Kinepolis selbst. Dies funktioniert so ähnlich wie beim Web-Checkin vom Flugzeug - man kann bequem von zu Hause aus sich einen Sitzplatz online aussuchen und genau diesen auch kaufen.
|
Sitzplatz online aussuchen und kaufen auf der Kinepolis Schaffhausen Homepage |
Das platzgenaue Kaufen der Sitzplätze - vor allem auch online im Voraus - hat einige Vorteile:
- Kein Warten mehr an der Kasse.
- Man muss nicht mehr extra früh kommen für bessere Plätze.
- Man weiss, dass man auf sicher einen Platz hat.
Es kam zudem vor, dass bei ausverkauften Filmen Leute für einen anderen Saal Tickets kauften und dann trotzdem in den ausverkauften Film gingen und somit anderen, die das richtige Ticket hatten, aber z.B. noch am Kino-Kiosk für eine Leckerei waren, den Platz weg genommen haben. Zudem versuchten ab und an jüngere Zuschauer ein Ticket für einen Kinderfilm zu kaufen, um dann nachher einen anderen Film mit höherer Altersfreigabe zu schauen (à la Ticket für Schneewittchen kaufen und nachher Stirb langsam schauen gehen). Diesen Problemen wird mit dem neuen System entgegengewirkt.
Die Preise im Kinepolis Schaffhausen
Wofür das Kinepolis Schaffhausen von Anfang an häufig kritisiert wurde, sind die Eintrittspreise und die Preise der Getränke und Esswaren am Kino-Kiosk. Ein Eintritt kostet
18.-- Fr. Allerdings werden zahlreiche Reduktionen angeboten. Wer mit dem
Bus kommt, bezahlt
16.-- Fr. was auch für
Schüler und
Studenten,
AHV-IV Bezüger, sowie
Behinderte und ihre Begleitperson gilt.
Kinder bis 13 Jahre bezahlen
14.-- Fr. und unter drei Jahren ist der Eintritt frei. Den Überlängezuschlag für lange Filme hat Lorenz im Jahr 2009 als eine seiner ersten Amtshandlungen abgeschafft. 3D-Filme kosten 2 Fr. Aufpreis.
Am sog.
Kinomontag - also jeweils montags, sind alle Preise um 2 Fr. reduziert. Der normale Eintritt ist hier
16.-- Fr., wer mit dem Bus kommt bezahlt
14.-- Fr. usw.
|
Das Popcorn wird vom Kinepolis Schaffhausen selbst zubereitet |
Des Öfteren werden die hohen Preise am Kinepolis-Kiosk für Essen und Trinken moniert. So kostet etwa ein grosser Sack M&Ms stolze 8.40 Fr. Wie Lorenz uns gesagt hat, hätte er sie schon aus dem Sortiment genommen, wenn sie nicht so häufig nachgefragt würden. Schliesslich sei es aber ja jedem selbst überlassen, ob er sich welche kaufen möchte, gezwungen wird niemand. Es kaufen sich zwischen 70% und 80% der Kinobesucher etwas am Kinepolis Kiosk.
|
Die grosse Popcorn-Produktionsmaschine im Kinepolis Schaffhausen |
Innovationen kosten Geld
Das Kinepolis Schaffhausen ist stets bestrebt, mit der Zeit zu gehen und die Filme mit der neusten Technik zu präsentieren. Investitionen in die Technik sind jedoch kostenintensiv und die Innovationen müssen auch irgendwie bezahlt werden - und so erklärt uns Lorenz auch das Zustandekommen der Preise im Kinepolis. Die Rechnung muss am Schluss irgendwie aufgehen und die nötigen Einnahmen zum Betrieb des Kinos müssen durch die Eintrittspreise und die Verkäufe am Kiosk generiert werden. Die Einrichtung des ersten digitalen 3D Kinosaals im Jahr 2010 kostete das Kinepolis immerhin
160'000.00 Fr. Hierfür mussten neue Projektoren angeschafft und die Leinwand ausgetauscht werden. Da die 3D Brillen alles etwas dunkler machen, müssen die neuen Leinwände stärker reflektieren, damit mehr Licht zurückgestrahlt wird.
|
Ältere Version der 3D-Brillen im Kinepolis Schaffhausen |
Beim 3D-Brillen Modell gab es verschiedene Versionen. Die ältere Version oben musste nach dem Film ans Kinepolis zurückgegeben werden. Einige Kinobesucher hielten sich nicht an die Spielregeln und nahmen die Brillen mit nach Hause, wodurch dem Kinepolis ein hoher Schaden entstand. Ausserdem mussten die alten Brillen vom Kino nach Gebrauch stets gereinigt werden und waren wartungsintensiv, da sie über eine Batterie verfügten. Die neuen 3D-Brillen im Kinepolis kann man für 2 Fr. kaufen und dann immer wieder benutzen, da sie ins Eigentum des Kinobesuchers übergehen. Eine Batterie, die ausgetauscht werden müsste, haben die aktuellen 3D-Brillen nicht mehr - und so kann man als Kinobesucher seine einmal gekaufte 3D-Brille bei jedem Kinobesuch wieder benutzen (sofern man sie dann nicht zu Hause liegen lässt - es soll in Schaffhausen Leute mit einer beachtlichen Brillensammlung geben, weil sie die Brille vor dem Kinobesuch immer zu Hause vergessen ;-).
Filmanlieferung komplett digital seit 2012
Vorbei die Zeit, in denen grosse Filmrollen von Kino zu Kino transportiert wurden. Seit dem Jahr 2012 erfolgt die Anlieferung der Kinofilme beim Kinepolis Schaffhausen komplett digital und dies entweder per Satellit oder auf einer Festplatte. Ein Film wie etwa "Der Hobbit – Eine unerwartete Reise" mit 48 Bildern pro Sekunde (High Frame Rate, doppelte Bilderrate pro Sekunde, üblich sind sonst 24 Bilder pro Sekunde) in 3D benötigt etwa 550 Gigabyte. Der Film ist auf der Festplatte in einzelnen JPEG 2000 Bilder abgespeichert, welche dann in der entsprechenden Geschwindigkeit an die Wand projiziert werden.
|
Kinofilm für das Kinepolis Schaffhausen im Koffer digital auf Festplatte geliefert |
Zahlreiche Spuren der alten Technik finden sich im Projektionsraum des Kinepolis auch heute noch. Vor 2012 wurden hier ebenfalls noch 35mm Filmrollen abgespielt, welche alles andere als handlich waren. Der Projektionist war damals noch mehr Handwerker und ist heute eher ein Informatiker.
|
Ein Bild aus vergangenen Tagen: 35mm Filmrolle im Kinepolis |
Die 35mm Filmrolle, welche wir hier oben sehen, enthält lediglich einen Trailer für einen Film, also etwas weniger als drei Minuten Filmmaterial. Auch die Tonspur ist in Form des kleinen grünen Streifens enthalten. Sollte ein ganzer Film abgespielt werden, war eine sehr viel längere Filmrolle von Nöten, wie diese ausgemusterten Halterungen für die Filmrollen noch unschwer erkennen lassen.
Auch die Saaltechnik konnte damals über die Filmrollen gesteuert werden. Es wurden kleine Metallplätchen auf der Filmrolle befestigt, welche dann das Licht regelten oder die Türen des Kinosaals schlossen.
Heute wird der Zeitpunkt der Türenschliessung und die Lichtsteuerung im Voraus durch das Kinopersonal digital programmiert. Klebearbeiten auf der Filmrolle gehören also definitiv der Vergangenheit an. Der Arbeitsplatz des Projektionisten sieht heute eher wie der eines Computer-Programmierers aus:
|
Heutiger Arbeitsplatz des Projektionisten im Kinepolis Schaffhausen |
Weitere Kostenfaktoren beim Kinepolis
Wie uns Lorenz erläutert, ist es nicht günstig, ein Kino in Schaffhausen zu betreiben. Damit die Kinepolis Gruppe überhaupt ein Kino am heutigen Standort in Schaffhausen bauen konnte, wurde damals mit der Stadt vereinbart, dass mindestens 10% der Kinobesucher mit dem Bus anreisen. Um die Quote der Busfahrer zu erhöhen, gewährt das Kinepolis allen, die mit dem Bus angereist sind, auf jede Vorstellung
2.-- Fr. Rabatt. Zudem bezahlt das Kinepolis für den Betrieb des Kinobusses den Verkehrsbetrieben Schaffhausen pro Jahr
65'000.-- Fr., was ein nicht unerhebliches Sümmchen Geld darstellt. Ungefähr ein weiterer Franken von jedem Kinoeintritt wird für die Reinigungskosten ausgegeben. Weitere grosse Kostenfaktoren sind die Heizkosten sowie die Klimaanlage.
|
Heizung im Kinepolis |
Zudem wird eine enorme Menge an Strom benötigt. Allein schon ein Projektor arbeitet mit
7'000 Watt. Das Kinepolis versucht jeweils, die Stromkosten möglichst gering zu halten und energieeffizient sowie ökologisch zu handeln. So wurden vor Kurzem die beiden Kinepolis Schriftzüge an der Aussenwand von stromfressenden Neonröhren auf eine stromsparende LED-Beleuchtung umgestellt, was etwa
30'000.-- Fr. kostete. Dies hat natürlich auch den Vorteil, dass der Kinepolis Schriftzug nun immer schön leuchten wird, da die LEDs sehr langlebig und viel weniger störanfällig sind. Zudem wird die Abwärme der Projektoren dazu verwendet, das Kino zu heizen, wodurch Heizkosten und Rohstoffe gespart werden können.
|
Die Abwärme der Projektoren im Kinepolis wird zum Heizen
des Kinos verwendet - ökologisch und ökonomisch sinnvoll. |
Ein weiterer Kostenfaktor besteht darin, dass das Kinepolis Schaffhausen nicht nur das einzige Kinepolis in der Schweiz, sondern auch das einzige deutschsprachige Kinepolis ist. Die Kinepolis Muttergesellschaft hat ihren Sitz in Belgien. Alle Unterlagen sowie die Software etc. der Kinepolis Gruppe ist also nicht auf deutsch verfügbar. Wie Lorenz erzählte, fängt die Kinepolis Software bei Fehlermeldungen auch schon mal an auf Flämisch zu sprechen, was es für die Mitarbeiter in Schaffhausen nicht unbedingt einfacher macht ;-). Ein weiteres Problem gibt es bei den Ersatzteilen. Ist in Belgien in einem Kinepolis ein Bauteil kaputt, wird sicher ein benachbartes Kinepolis eines auf Lager haben oder man kann ein zentrales Ersatzteillager einrichten. Hier in Schaffhausen gibt es jedoch kein weiteres Kinepolis weit und breit. Sämtliche Ersatzteile müssen also auf Lager sein oder man muss bis nach Mulhouse fahren, wo es das nächste grosse Kinepolis mit 14 Sälen gibt.
|
Eine 6'500 Watt Ersatzlampe für einen Projektor im Kinepolis Schaffhausen |
Es werden ziemlich viele unterschiedliche Ersatzteile benötigt, allein schon bei den Projektoren für die 8 Säle werden unterschiedliche Modelle verwendet (2D und 3D, verschiedene Saalgrössen etc.) welche dann wieder andere Ersatzteile benötigen. Kann das entsprechende Ersatzteil nicht fristgerecht ausgetauscht werden, müsste die Vorstellung ausfallen. Dass man im Kinepolis Schaffhausen aber eine Vorstellung wirklich komplett ausfallen lassen muss, kommt nur etwa zwei Mal pro Jahr vor. Bei unerwartet auftretenden Problemen kann die Vorstellung meist doch durchgeführt werden, startet dann aber z.B. 15 Minuten später o.ä., aber auch dies bildet die Ausnahme, in aller Regel läuft alles glatt.
|
Das Büro von Kinepolis Geschäftsführer Lorenz Koch befindet sich beim Eingang wenn man nach oben schaut zentral in der Mitte. Links und Rechts sind die beiden Räume für die Projektoren von jeweils 4 Sälen. |
Lorenz Koch kann also durchaus verstehen, dass einigen Kinobesuchern die Eintrittskosten und Getränke- sowie Essenspreise hoch vorkommen. Jedoch muss der ganze Kinobetrieb auch irgendwie finanziert werden. Das Kinepolis Schaffhausen beschäftigt immerhin 45 Angestellte, wovon 8 Stück hauptberuflich dort arbeiten. Von den Eintrittspreisen für einen Film gehen
50% des Eintrittspreises bereits an den Verleiher wie z.B. Disney oder Warner. Dies gilt für die ersten Wochen, in denen der Film läuft und in denen natürlich auch die meisten Besucher in den Film gehen. Nach meistens etwa drei Wochen, wenn dann nicht mehr so viele Besucher in einem Film gehen, reduziert sich der Wert der Abgaben an den Verleiher auf 40% und später evtl. noch auf 30%.
Als Alternative zum Kinepolis gibt es neben dem Kiwi-Skala Kino in der Unterstadt in Schaffhausen auch noch ein weiteres grosses Kino in Singen, welches günstigere Eintritts- und Verpflegungskosten bietet. Dies ist auch durch die günstigeren Betriebskosten in Deutschland möglich, allein schon die Lohnkosten sind in Deutschland deutlich tiefer. Wenn man von Schaffhausen aus in Singen ins Kino gehen möchte, muss man jedoch erst einmal dort hin kommen, immerhin ist es 20 KM weit weg. Wenn man mit Fahrtkosten von 70 Rappen pro Kilometer rechnet (der TCS rechnet sogar mit 75 Rappen -
link), ergibt das immerhin schon 40x70Rappen = 28 Fr. Fahrtkosten. Zudem stellt das Kino in Singen keine gratis Parkmöglichkeit wie im Kinepolis Schaffhausen zur Verfügung. Parkt man also im Parkhaus neben dem Kino in Singen, kommen weitere Kosten hinzu.
|
Im oberen Stock befinden sich die Büro-Arbeitsplätze des Kinepolis Schaffhausen |
Zudem ist der Eintrittspreis für viele Kinobesucher auch nicht das einzige Kriterium. Laut Lorenz Koch schätzen viele Besucher die bequemen Sitzmöglichkeiten, denn so viel Beinfreiheit und doppelte Sitzlehnen bieten nur wenige Kinos. Auch die erstklassige Technik wird sehr geschätzt. Wenn derselbe Film gleichzeitig in einer 2D und in einer 3D Version läuft, entscheiden sich viele Besucher für die 3D Variante, obwohl ja hier noch der 3D Aufpreis von 2 Franken anfällt. Dies zeigt, dass der Preis nicht alles ist. Für gute Technik und Komfort sind viele Besucher bereit, Geld auszugeben. Ansonsten kann man ja auch zu Hause am Laptop einen Film streamen, aber das ist einfach nicht das gleich, wie ihn im Kino zu geniessen.
Kinepolis bleibt in Schaffhausen
Am Anfang gab es immer wieder Gerüchte, das Kinepolis wolle den Standort in Schaffhausen aufgeben. Laut dem Geschäftsführer Lorenz Koch ist davon aber heute keine Rede mehr. Die sehr umfangreichen Investitionen zeigen, dass das Kinepolis den Standort Schaffhausen weiterhin unterstützt und an ihm festhalten will - und auch er, Lorenz Koch, der in Stetten wohnt, früher für die Sinar AG arbeitete und in Schaffhausen sehr stark verwurzelt ist, möchte weiter als Geschäftsführer den Standort in Schaffhausen leiten. Es macht ihm sehr viel Freude, im Entertainment Bereich zu arbeiten. Das ist aus seiner Sicht immer noch der beste Arbeitsbereich, auch wenn das Geschäft natürlich nicht immer einfach ist. Der durchschnittliche Schaffhauser geht etwa 2.2 Mal pro Jahr ins Kinepolis. Von 2012 auf 2013 gab es gesamtschweizerisch einen Rückgang der Kinobesucherzahlen um 15%. Das Kinepolis Schaffhausen verzeichnete ebenfalls einen Rückgang, jedoch nur um 5%. Filme in Originalsprache - eine oft gehörte Forderung- bietet das Kinepolis immer wieder an, jedoch ist die Nachfrage bei den Kinobesuchern nur sehr gering, weshalb dieses Angebot wohl nicht ausgebaut werden wird.
Schaffhausen.net bedankt sich bei Lorenz Koch für diesen äusserst spannenden Blick hinter die Kulissen des Kinepolis Schaffhausen. Lorenz hat sich über drei Stunden Zeit genommen, um uns alles zu zeigen und viele Hintergrundinformationen zu geben. All seine lustigen Storys, die er auf Lager hatte, hier wiederzugeben, würde leider den Rahmen des Blogs sprengen, es ist jetzt schon ein überdurchschnittlich langer Beitrag geworden. Wir hoffen, dass das Kinepolis uns Schaffhausern noch lange erhalten bleibt!