Am vergangenen Weekend fand in Winterthur die 3. Schweizermeisterschaft im Poetryslam statt. Mit am Start waren auch einige Slammer, die ehemals oder immer noch in der Region Schaffhausen wohnhaft waren bzw. sind. Hermann-Luc Hardmeier hat für Schaffhausen.net den Anlass besucht.
Die schlechte Nachricht zuerst: Der Schweizermeister kommt nicht aus Schaffhausen. Auch Platz 2 und 3 konnten wir nicht gewinnen. ABER: In der Kategorie: "Team" hat das Ensemble unter dem wohlklingenden Namen "Logorrhö" mit Lara Stoll und Martina Hügi gewonnen. Lara Stoll kommt ursprünglich aus Stein am Rhein und ist nun Winterthurerin. In der Kategorie "Einzel" war nur ein Schaffhauser ins Finale gezogen: Diego Häberli. In drei Gruppen kämpften insgesamt neun Slammer um den Einzug in die Endrunde. Diego hat einen phänomenalen Text mit Tempo, Witz und Charme vorgetragen. Sein Text hatte eine Art Refrain, bei welchem jedes Erlebnis, das er erzählte, an den Refrain "angehängt" wurde. Ähnlich wie bei einer Wandererzählung. Es ging darin um sein Auto und seine Fahrkünste. Er berichtete, wie er einen Hydranten umfuhr, dass er lieber einen Flammenwerfer anstatt eine Hupe hätte und wie er mit diesem Kinder grilliert, die nicht schnell genug über den Fussgängerstreifen marschieren. "Eine Hupe ist doch etwas für Weicheier", bilanzierte er. Der Applaus war enorm, doch am Ende reichte es nicht. Michèle Friedli flog mit ihrem Text zum Thema "Besuch beim Frauenarzt" wie eine Rakete direkt in die Endrunde. Es fielen dabei Sätze wie "Der Frauenarzt spricht über meine Gebärmutter, wie wenn sie ein Joghurt mit Verfallsdatum wäre", welche für grosse Euphorie sorgten. Unter den gut 600 Gästen am Samstagabend im Casinotheater (Total besuchten den zweitätgigen Anlass 1500 Besucher) befand sich übrigens auch der Satiriker Viktor Giacobbo, der immer wieder schelmisch bei den Pointen mitgrinste.
In der Endrunde gab es sodann einen Fight zwischen ihr, Laurin Buser und Renato Kaiser. Michèle Friedli hat wirklich einen tollen Humor, viel Sarkasmus und stylische berndeutsche Ausdrücke, welche sie gezielt einsetzt. Ihr "Diss" gegen die Swisscom, welche sie nicht sehr liebenswert als "Schisscom" bezeichnete, war zum Brüllen komisch. Doch der Mann mit der tiefsonoren Stimme, Laurin Buser, gab ebenfalls Vollgas. Er brachte einen Raptext mit 7x16 Zeilen, den er als Strophendrama bezeichnete. Seine Geschichte handelte von Liebe und wie sie unter Alkoholeinfluss zu Sex-Exzessen ausarten kann. Die Perfektion seiner Reimtechnik war bestechend. Eigentlich waren diese zwei Slampoeten kaum zu überbieten. Doch dann kam Renato Kaiser. Schon beim ersten Text hat er einen Stilbruch gemacht: Er setzte nicht auf Humor, sondern appellierte mit seinem Text an den Verstand und war sehr nachdenklich. Auch seine Performance war speziell: Zuerst einmal weinte er ins Mikrophon. Nun, in der Endrunde, war er erneut philosophisch eingestellt. Den Humor setzte er erst gegen den Schluss als Ass im Ärmel ein. Er sprach darüber, wie man für 15 Minuten erfolgreich bzw. einsichtig sein kann. Irgendwann kamen zu den nachdenklichen auch amüsante Töne dazu. Er wisse nun auf alle wichtigen Fragen der Welt eine Erklärung. Wer waren die Nazis? Wie heilt man Krebs und wer zum Teufel ist David Guetta? Als er sodann noch einen ultimativen Diss gegen den Schmusesänger Florian Ast losliess, hatte er die Herzen im Saal endgültig erobert. Der Sieger der Endrunde wurde wieder mit der Applauslautstärke des Publikums ermittelt. Michèle schied knapp aus. Laurin und Renato mussten zu einer zweiten "Applausrunde" antreten. Nach kurzer Beratung kürte die Jury schliesslich den Goldacher Renato Kaiser mit dem drahtigen, pinken Siegerpokal und einer Flasche Absinth. Nach dem Slam gab es eine Runde "Karaoke from Hell", bei welcher sogar einige der Poetryslammer zum Mikro griffen. Alles in allem war die Schweizermeisterschaft eine wirklich geile Veranstaltung, bei welcher man viele kreative, lustige und nachdenkliche Texte hörte.
Wir gratulieren Renato Kaiser herzlich zu seinem Sieg. Glückwünsche selbstverständlich auch für Lara Stoll und Martina Hügi zum Teamerfolg. Und keine Angst: Schaffhausen rüstet sich bereits für die Pokaljagd im "Einzel" im nächsten Jahr.
Für Schaffhausen.net: Hermann-Luc Hardmeier
(Foto: Hermann-Luc Hardmeier)
Die schlechte Nachricht zuerst: Der Schweizermeister kommt nicht aus Schaffhausen. Auch Platz 2 und 3 konnten wir nicht gewinnen. ABER: In der Kategorie: "Team" hat das Ensemble unter dem wohlklingenden Namen "Logorrhö" mit Lara Stoll und Martina Hügi gewonnen. Lara Stoll kommt ursprünglich aus Stein am Rhein und ist nun Winterthurerin. In der Kategorie "Einzel" war nur ein Schaffhauser ins Finale gezogen: Diego Häberli. In drei Gruppen kämpften insgesamt neun Slammer um den Einzug in die Endrunde. Diego hat einen phänomenalen Text mit Tempo, Witz und Charme vorgetragen. Sein Text hatte eine Art Refrain, bei welchem jedes Erlebnis, das er erzählte, an den Refrain "angehängt" wurde. Ähnlich wie bei einer Wandererzählung. Es ging darin um sein Auto und seine Fahrkünste. Er berichtete, wie er einen Hydranten umfuhr, dass er lieber einen Flammenwerfer anstatt eine Hupe hätte und wie er mit diesem Kinder grilliert, die nicht schnell genug über den Fussgängerstreifen marschieren. "Eine Hupe ist doch etwas für Weicheier", bilanzierte er. Der Applaus war enorm, doch am Ende reichte es nicht. Michèle Friedli flog mit ihrem Text zum Thema "Besuch beim Frauenarzt" wie eine Rakete direkt in die Endrunde. Es fielen dabei Sätze wie "Der Frauenarzt spricht über meine Gebärmutter, wie wenn sie ein Joghurt mit Verfallsdatum wäre", welche für grosse Euphorie sorgten. Unter den gut 600 Gästen am Samstagabend im Casinotheater (Total besuchten den zweitätgigen Anlass 1500 Besucher) befand sich übrigens auch der Satiriker Viktor Giacobbo, der immer wieder schelmisch bei den Pointen mitgrinste.
In der Endrunde gab es sodann einen Fight zwischen ihr, Laurin Buser und Renato Kaiser. Michèle Friedli hat wirklich einen tollen Humor, viel Sarkasmus und stylische berndeutsche Ausdrücke, welche sie gezielt einsetzt. Ihr "Diss" gegen die Swisscom, welche sie nicht sehr liebenswert als "Schisscom" bezeichnete, war zum Brüllen komisch. Doch der Mann mit der tiefsonoren Stimme, Laurin Buser, gab ebenfalls Vollgas. Er brachte einen Raptext mit 7x16 Zeilen, den er als Strophendrama bezeichnete. Seine Geschichte handelte von Liebe und wie sie unter Alkoholeinfluss zu Sex-Exzessen ausarten kann. Die Perfektion seiner Reimtechnik war bestechend. Eigentlich waren diese zwei Slampoeten kaum zu überbieten. Doch dann kam Renato Kaiser. Schon beim ersten Text hat er einen Stilbruch gemacht: Er setzte nicht auf Humor, sondern appellierte mit seinem Text an den Verstand und war sehr nachdenklich. Auch seine Performance war speziell: Zuerst einmal weinte er ins Mikrophon. Nun, in der Endrunde, war er erneut philosophisch eingestellt. Den Humor setzte er erst gegen den Schluss als Ass im Ärmel ein. Er sprach darüber, wie man für 15 Minuten erfolgreich bzw. einsichtig sein kann. Irgendwann kamen zu den nachdenklichen auch amüsante Töne dazu. Er wisse nun auf alle wichtigen Fragen der Welt eine Erklärung. Wer waren die Nazis? Wie heilt man Krebs und wer zum Teufel ist David Guetta? Als er sodann noch einen ultimativen Diss gegen den Schmusesänger Florian Ast losliess, hatte er die Herzen im Saal endgültig erobert. Der Sieger der Endrunde wurde wieder mit der Applauslautstärke des Publikums ermittelt. Michèle schied knapp aus. Laurin und Renato mussten zu einer zweiten "Applausrunde" antreten. Nach kurzer Beratung kürte die Jury schliesslich den Goldacher Renato Kaiser mit dem drahtigen, pinken Siegerpokal und einer Flasche Absinth. Nach dem Slam gab es eine Runde "Karaoke from Hell", bei welcher sogar einige der Poetryslammer zum Mikro griffen. Alles in allem war die Schweizermeisterschaft eine wirklich geile Veranstaltung, bei welcher man viele kreative, lustige und nachdenkliche Texte hörte.
Wir gratulieren Renato Kaiser herzlich zu seinem Sieg. Glückwünsche selbstverständlich auch für Lara Stoll und Martina Hügi zum Teamerfolg. Und keine Angst: Schaffhausen rüstet sich bereits für die Pokaljagd im "Einzel" im nächsten Jahr.
Für Schaffhausen.net: Hermann-Luc Hardmeier
nur eins noch:
AntwortenLöschenEs sind Slammer, nicht Slamer. Leute die Rapmusik machen sind auch keine "Raper" ;-)
Ups, ja, danke für den Hinweis. Habe es korrigiert.
AntwortenLöschenyeah renato! gratulation! wir sind kaiser!
AntwortenLöschenIch finde es gut, dass nach Lara Stoll und Gabriel Vetter mal jemand aus Nicht-Schaffhausen im Enzel gewonnen hat. Ihr seid einfach erfolgsverwöhnt. Und im Team klappte es ja schon wieder.
AntwortenLöschenI love Poetryslam!!!!!!!!!!!!!
AntwortenLöschenhaha eine flasche absinth für den sieger. ich hoffe, die hat er nicht alleine getrunken, ansonsten wusste er am samstag wohl nicht mehr viel von seinem sieg ;-)
AntwortenLöschenein graziöser bericht über unsere veranstaltung. besten DANK!!!!
AntwortenLöschen@Släm-Män: Merci!
AntwortenLöschen@Grüne Fee: Ich glaube, der wurde ehr und redlich unter den Poeten aufgeteilt. ;-)