Der Schaffhauser Grossstadtrat Till Hardmeier (Jungfreisinnige Schaffhausen) hat in einer Anfrage vom 3. März an den Schaffhauser Stadtrat die Betreiber der von Stadt und Kanton subventionierten Veranstaltungsorte Kammgarn, Taptab und Chäller kritisiert und gefordert, dass sie ihre Vorschriften für Fremdveranstaltungen zu lockern haben. Als Taptab-Mitarbeiter fühlt sich der Politologe davon angegriffen und dazu gedrängt ein paar Bemerkungen zu den ungerechtfertigten und teils abstrusen Kritikpunkten loszuwerden. Till Hardmeier bemängelt unter anderem folgende Punkte:
- Hardmeier 1: Die Betreiber bevorzugen gewisse Musikrichtungen wie Reggae oder Dancehall.
- Antwort des Politologen: Falsch! Siehe aktuelles Taptab-Programm: 1 (!) Reggae-Veranstaltung im Monat März (in der Kammgarn gar keine!). Generell ist das Taptab-Programm sehr ausgeglichen. Diesen Monat gibt es HipHop, Poetry Slam, Electro, Reggae, Funk & Soul, Discorock und Balkan Beats. Ein regelmässiger Taptab-Besucher weiss das. Aber zu denen scheint Till Hardmeier nicht zu gehören.
- Hardmeier 2: Die Betreiber definieren, was „Kultur“ ist und was „Kommerz“ ist. Es sind keine Beachpartys im Taptab erlaubt.
- Antwort: Eine Definition von „Kultur“ zu finden ist schon mal schwierig genug. Was einige für „Kultur“ halten, ist für andere Schrott, und was einige für Schrott halten, ist für andere „Kultur“. Hier gibt es verschiedene Meinungen. Um jedoch zur Erkenntnis zu gelangen, dass eine „Beachparty“ à la Ballermann keine Kultur ist, braucht man nun wirklich keinen Master in Kulturwissenschaft oder was weiss ich. Dass es dem Grossstadtrat Till Hardmeier aber gar nicht um „Kultur“ geht, sondern um schnellen finanziellen Gewinn, beweist er mit der folgenen Aussage: „Stossend ist weiter, dass im Tap Tab der Barbetrieb den privaten Veranstaltern weggenommen wird. Damit ist ein Anlass natürlich finanziell nicht mehr sehr interessant“ (Zitat Hardmeier). Das führt uns zu Punkt 3.
- Hardmeier 3: Fremdveranstaltungen sind nur noch in Kooperation mit dem Taptab möglich und ohne Beteiligung am Barumsatz.
- Antwort: Das ist gut so! Erstens ist dadurch gewährleistet, dass das Programm ausgeglichen bleibt. Zweitens vergisst Hardmeier, dass dafür der Fremdveranstalter weniger Kosten hat, weil das Taptab das Personal bezahlt. Dazu gehören die Bereiche Security, Licht, Ton, Bar, Kasse und Garderobe, sowie das Putzteam. Auch hier scheint der Grossstadtrat also schlecht informiert zu sein, oder er hat dies bewusst ignoriert, um seiner Anfrage mehr Dramatik zu verleihen. Und drittens sollte es für einen Fremdveranstalter nicht darum gehen, so viel Kohle wie möglich zu machen. Darum bekommt das Taptab ja Kulturgelder! Eben weil es die verschiedensten Musikstile in seinem Programm berücksichtigt und nicht jedes Wochenende die Musik anbietet, welche finanziell gesehen besonders attraktiv ist. Einen solchen Einheitsbrei gibt es im Orient zu hören. Das muss nicht schlecht sein und vielen gefällt das, aber dafür kann man keine Kulturgelder verlangen. Denn nur weil eine bestimmte Musikrichtung von mehr Menschen gehört wird, steckt nicht mehr „Kultur“ dahinter. Respekt für Minderheiten ist aber auf jeden Fall einen gewissen Preis wert und verdient Unterstützung.
- Hardmeier 4: Der Grossstadtrat fordert in seiner Anfrage „Fair Play“, also jeder sollte das gleiche Recht haben, im Taptab eine Veranstaltung durchzuführen.
- Antwort: Falsch! Stadt und Kanton subventionieren das Taptab mit 30'000 Franken pro Jahr. Gemessen am Jahresumsatz des Taptab-Clubs (über 600'000 Franken) sind das weniger als 5%. Für die restlichen Einnahmen sorgen die Taptab-Veranstalter und die Taptab-Mitarbeiter, welche für einen Stundenlohn von 17 Franken am Wochenende von 22 bis 5 Uhr morgens arbeiten.
10 Kommentare:
sehr schöner Artikel! jetzt müsste der nur noch bis zum SH-ler Parlament ankommen...
Lieber Politologe,
ganz klar hat der Till wieder den Rotstift gezogen und und möchte die Leistungsvereinbarungen mit den Kulturveranstaltern Kammgarn, Chäller und Tap Tab streichen.
Du hantierst aber leider meines Wissens auch nicht mit den neusten Zahlen was der Stundenlohn im Tap Tab betrifft:
seit der Saison 2010/2011 verdienen die Barleute Fr. 20.-/Std. ist nicht viel mehr aber korrekt.
Ansonsten pflichte ich dir bei. Cheers und evt. bis bald mal im Tap :-)
Soll der Hardmeier doch nach Zürich in den Ausgang wenns ihm das Angebot in den genannten Lokalitäten nicht passt! Von Kultur haben die Jungfreisinnigen bzw. die FDP eh keine Ahnung, denen gehts nur um die Kohle. Wohin das geführt hat, haben wir ja gesehen!
@Captain:
Ich habe den Politologen auch in dieser Saison schon einige Male an der Garderobe im TapTab arbeiten gesehen, von dem her gehe ich mal davon aus, dass die CHF 17.-- pro Stunde zumindest für das Garderoben-Personal stimmen müssten. Vielleicht geht der eine vom Bruttolohn und der andere vom Nettolohn aus oder Garderobenpersonal und Barpersonal werden unterschiedlich bezahlt...
Naja, das ist nun aber wirklich ein einseitiger Artikel.
-Zum Lohn: Das Personal im Tap arbeitet schon zu tiefem Lohn, allerdings kriegen sie auch noch Zusatzleistungen wie den Jahrespass. Aber so ist das halt, wenn man sich für was einsetzt! Till arbeitet seit Jahren hart bei den Jungfreisinnigen mit - für 0 Franken die Stunde. Politische Arbeit muss in einer Demokratie erledigt werden. Das dient der Allgemeinheit (auch wenn man mal anderer Meinung ist). Also bevor jemand Till als abgehobenen Grossverdiener hinstellt, soll er mal über die Bücher gehen, wie oft er in den letzten Jaren nur einen ganzen Tag für die Allgemeinheit geopfert hat!
-Zur Kultur: Das ist der einzig ehrliche Punkt im Artikel. Der AUtor gibt offen zu, dass er eine elitäre Sicht von Kultur hat. Wenn sich im Tap einige hundert Leute zu einer Band die Birne mit Alk und Gras volldröhnt, ist das Kultur und muss staatlich gefördert werden. Wenn aber genau das Gleiche an einer Beachparty zu einem DJ geschieht, ist das keine Kultur und gehört nicht unterstützt.
Da sag ich nur: Lassen wir doch die Unterstützung für alle weg, dann haben alle die gleichen Bedingungen und können beweisen, auf wie offene Ohren ihre Kultur stösst.
Oder andersherum: Brauchen wir die sogennante "Kultur" überhaupt, wenn sie nicht einmal genug Leute lockt um kostendeckend zu sein?
-Zur Vermietung: 5% vom Umsatz ist sehr wohl viel! Würde mich wundernehmen, wieviel das am Reingewinn ausmacht, wenn es schon 5% des Umsatzes sind. Zudem habe ich den Verdacht, der Autor kennt den Unterschied zwischen Umsatz und Ertrag nicht, oder schreibt absichtlich verwirrendes Zeugs um seinerseits einen dramatischeren Eindruck zu schinden.
Warten wir mal die Antowrt des Stadtrates ab.
muss meinem Vorredner recht geben: Sehr einseitiger Artikel!!
-Zum Lohn
Man munkelt, dass sich die TapTab Leute seit der Erhöhung der Subventionen durch Stadt und Kanton sogar einen Bonus in 6-stelliger Höhe ausbezahlt hätten! Also ich schlage Till für den nächsten Retter der Landstrasse vor
-Zur Kultur
einige hundert ist gut, wenn's hoch kommt zwanzig, mit hundert ist das TT ja schon fast voll. Du sagst es, es ist eine Schande, dass wir der UBS den Bonus subventioniert haben.
-zur Vermietung
Frag ihn doch, oder rechne es doch aus, wenn Du den Unterschied von Umsatz und Ertrag schon kennst.
Uebrigens macht das TapTab keinen Gewinn, den versaufen und verkiffen sie lieber
Zu den Reaktionen möchte der Politologe hier noch kurz Stellung nehmen:
1. Der Captain hat Recht, das Barpersonal verdient neuerdings 20 Franken (allerdings erst ab einer gewissen Anzahl Arbeitsstunden, so viel mir bekannt ist). Die Leistungen in den Arbeitsbereichen des Politologen (Kasse und Garderobe) werden jedoch weiterhin mit 17 Franken entlöhnt.
2. Dem Verteidiger von Till Hardmeier muss der Politologe bezüglich der oft zu wenig wertgeschätzten politischen Arbeit von Links bis Rechts ebenfalls Recht geben. Allerdings ist es - gelinde gesagt - sehr gewagt, die Hardmeiersche Gratis-Arbeit bei den Jungfreisinnigen als "Nutzen für die Allgemeinheit" zu deklarieren. Bezüglich der persönlichen Kritik an die Adresse des Politologen, lässt sich folgendes festhalten: Der Politologe ist nicht so vermessen, zu behaupten, dass sein sehr wohl vorhandenes und nicht-entlöhntes Engagement der "Allgemeinheit" einen Nutzen bringt. Aber wenn Du, lieber Hardmeier-Anhänger, damit nicht zufrieden bist, können wir ja vergleichen, wer mehr Geld an gemeinnützige Organisationen spendet? Oder wer das umweltschonendere Auto hat? Dann erstellen wir eine Rangliste und der Sieger erhält den Swiss Award..
Naja, aber zurück zum Thema..
In naher Zukunft gibt es übrigens eine offene Stelle an der Taptab-Garderobe, jedoch tut sich der Politologe gerade damit schwer, jemanden zu finden, der diese Stelle antritt. Also wenn die Arbeitsbedingungen so gut sind, wäre der Hardmeier-Verteidiger interessiert? Oder vielleicht Till Hardmeier himself?
Ein gemeinsames Verständnis von "Kultur" werden wir in diesem Jahrhundert wohl nicht finden, darum sollten wir es gar nicht erst versuchen. Ohne Subventionen würde das Taptab aber auf jeden Fall gezwungen sein, gewinnorientierter zu wirtschaften. Das würde bedeuten: Kurzfilme weg, Poetry Slam weg, diverse Konzerte weg. Dafür mehr Partys, an denen möglichst viel getrunken wird. Für die Alk-Leichen sorgt dann schon irgendjemand.. Klasse Idee!
Des Weiteren arbeitet das Taptab sehr wohl kostendeckend (natürlich unter anderem dank den Subventionen). Die Subventionen aber mit dem Reingewinn zu vergleichen, ist doch sehr absurd. Den Sinn dahinter versteht der Politologe ganz und gar nicht.. Aber nochmals im Detail: Total erwirtschaftete das Taptab letzte Saison Einnahmen von über 600'000 Franken (weniger als 5% davon sind eben diese Subventionen). Die Ausgaben sind fast ebenso gross. Alles klar?
Wie auch immer, Hauptkritik am Hardmeierschen Vorstoss ist sowieso der Punkt, auf den Du, lieber Hardmeier-Unterstützer, gar nicht eingegangen bist: Nämlich, dass es ihm gar nicht um „Kultur“ geht, sondern um die Fremdveranstalter, welche das Taptab dazu missbrauchen wollen, mit einer Party das schnelle Geld zu verdienen, aber nicht dazu bereit sind, sich das ganze Jahr über im Taptab zu engagieren.
So, zum Schluss ist der Kommentar doch etwas länger ausgefallen als geplant.. was solls.
Ich frage mich wirklich woher der Neoliberale Herr überhaupt einen Anspruch auf Benützung des Raums herleitet. Das TapTab ist ein autonomer Verein. Nur weil etwas subventioniert wird, heisst das nicht, dass jeder Bürger einen Anspruch hat, den Kurs zu bestimmen oder daraus Kapital schlagen zu dürfen. Schon die Rhetorik, dass der Barbetrieb "weggenommen" werden würde! Als ob das böse TapTab etwas wegnehmen würde, was jemandem anderem gehört. Lächerlich. Es besteht null Anspruch auf den Raum noch den Barbetrieb.
Das TapTab besteht schon aus etwa 35 Veranstaltern (was man schon als für Schaffhausen repräsentativ bezeichnen könnte), die fast jede Kulturnische abdecken und das TapTab ist offen für Neue, die Interesse zeigen, neue Bereiche abzudecken. Diese Veranstalter müssen sich jedoch auch am TapTab beteiligen, dürfen dafür aber auch demokratisch mitbestimmen (das TapTab verfügt sogar über eine Rechtseinräumende und ordnende "Verfassung"). Beachparty-Veranstalter haben sich nie gemolden und es ist auch nicht so, als ob das Schaffhauser Volk vor ein solches Defizit der Beach-Partys in Revolte gerät. Es ist wirklich absurd das TapTab als eine Art "Elite" darzustellen die pöbelige Beachpartys einfach patriarchalisch verweigern. Wenn es ihm wirklich um den "Kultur der Beachpartys" ginge, wäre es ihm egal, dass der Barbetrieb nicht abgegeben wird, da sich die Ausgaben jeder gut besuchten Veranstaltung grundsätzlich mit der Kasse decken.
Ich sehe hier nur den üblichen neoliberalen Geldgier und eine Infektion Wahlkampfsaisonitis.
Das Ziel von Hardmeier ist doch, das den Lokalen ihre Subventionen gestrichen werden und die Stadt Geld spart. Die Jungfreisinnigen wollen Steuern senken damit sie von ihren dicken Geldbeuteln weniger an den Fiskus abgegen müssen! Dieses neoliberale Gedankengut hat in der Schaffhauser Kulturszene nichts zu suchen!
Bei den hier bereits identifizierten Falschaussagen von Till Hartmann drängt sich natürlich die Frage auf, worum es ihm denn eigentlich geht. Ginge es ihm wirklich um die Sache, hätte er sich doch bestimmt im Vorfeld intensiver mit dem Thema auseinander- sowie mit den Betroffenen zuerst einmal in Verbindung gesetzt, anstatt einen parlamentarischen Vorstoss aufgrund von Hörensagen zu lancieren. Damit wäre schliesslich bereits über die Hälfte seines Vorstosses überflüssig geworden. Handelt es sich hierbei also einfach um (kompromisslosen) Klientelismus oder doch eher um Aufmerksamkeitshascherei? Quoi qu'il en soit, es wirft auf jeden Fall ein schlechtes Licht auf die Arbeit der Parlamentier. Denn so viel muss hier fairerweise angefügt werden: Diese Art der Schaumschlägerpolitik wird von allen Parteien praktiziert.
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